von Lena Gabel
Ich suhle mich in Sehnsüchten und versuche, nicht an meiner erlittenen Desillusionierung zu ersticken. Liebe ist ein Konstrukt. Gebaut aus Gedanken, gehalten durch Zärtlichkeiten und die Erinnerung an schöne Stunden.
Und was im Mondlicht strahlend klang und einfach, ist es am Morgen nicht mehr. Während draußen die Sonne untergeht, sitze ich am Fenster und habe Angst, dich zu verlieren. Ich schreibe dir, wie wild geworden schreibe ich dir, und versuche die Leere mit meinen geschriebenen Worten zu füllen. Als ob meine Worte dich zurückbringen könnten. Als ob es nicht meine Worte waren, die dich vertrieben.
Ich vertreibe dich mit meinen Worten und es entsteht ein Paradoxon, ich jage verzweifelt nach Yin und Yang, doch die Gegensätze bilden keine Einheit, sie bleiben sich fremd.
In Gedanken reise ich zurück…
zu wunderschönen Tagen in schäbigen Zimmern. Als die Luft erfüllt war von Zärtlichkeit und leisem Lachen, von Nähe und Verlangen und von dieser unbestimmbaren Sehnsucht, die uns beide manchmal umtreibt. Ich denke daran, wie wir und zum allerersten Mal getroffen haben und augenblicklich alles gut war. Wir waren uns sofort sehr vertraut, wie wir uns umarmten, eine lange, intensive Umarmung, und wie wir nicht glauben konnten, dass das hier wirklich geschieht, dass wir wirklich hier sind, wir beide, genau in diesem Moment. Wie wir uns das erste Mal in die Augen gesehen haben und ein Sog entstand, dem ich mich bis heute nicht entziehen kann. Und wie du mir deine Stadt gezeigt hast, all die wunderbaren Orte voller guter Geschichten einer unbeschwerten Jugend.
Heute sind diese Orte mit unseren Geschichten gefüllt. Wir sind dort -zwischen den Zeiten.
Ich denke an unseren ersten Kuss, der in winterliches Sonnenlicht getaucht war und voller Verheißung. Ich denke an unzählige Umarmungen und an all die schönen, poetischen Worte. Wie du mir ins Ohr flüsterst und wie deine Hände meinen Körper entdecken und bis neu erfinden
Ich denke an das Gefühl, mit dir unendlich zu sein und dass wir ewig sind. In Gedanken reise ich zu unserem Lieblingsplatz, wo nur wir existieren. Dort sind wir, in unserem Universum, wir sind wirklich. Unser kleines Universum, nur für uns beide, der Ort an dem all unsere Träume Wirklichkeit werden. Was auch immer passieren wird, wir haben uns diesen Ort geschaffen, wir schweben dort. Es ist unser Paralleluniversum und dort ist es in Ordnung, zu vermissen und Sehnsucht zu haben. Es ist ein Ort, an dem all die schlimmen Worte ungesagt bleiben, und niemand von uns verschwindet oder leidet. Dort sind wir eins. Wir sind immer noch hier, vereint bilden unsere Gegensätze eine homogene Einheit. Wenn wir zusammen sind, werden wir Yin und Yang, die perfekte Einheit von Gegensätzen.
Ich denke an dich.
© Lena Gabel 2024-04-06