Sehnsüchte

Laura Farrensteiner

von Laura Farrensteiner

Story

Mir fehlt das Meer:

Ich würde gerne die Flutwellen an E-Mails und das Tränenmeer gegen seichten Wellengang tauschen, dem Wasser beim Treiben lauschen und mich, anstatt in der Gedankenspirale, im Horizont verlieren. Auf die Frage „Wo möchtest du in fünf Jahren stehen?“ möchte ich „Auf Sand.” antworten und nicht wie die anderen den Karriereweg gehen. Ich möchte die frische Brise spüren, nicht im Wirbelsturm alles auf einmal fühlen und lieber glücklich auf meiner einsamen Insel sein, anstatt immer zu wollen mein Glücklichsein mit dir zu teilen.

Aufbruch:

Ich suche den Aufbruch in die Ferne, den Wellenbruch unterm Himmel voller Sterne. Den Weitblick zum Horizont, statt des starren Blicks in der Alltagsfront. Die rosa-orangenen Nuancen im Sonnenuntergang, statt verlorener Chancen im bitteren Einklang. Die verschiedenen Himmelsrichtungen in der weiten Welt, statt enger Verdichtungen, in denen sich Zweifel zu Stress gesellt. Und vielleicht komme ich ja doch irgendwann dort an, dort wo irgendwie jeder hin will. Und dann wird vielleicht auch mein Bedürfnis nach Aufbruch still.

(Bezweifle ich aber.)

Zwiespältige Sehnsucht:

Kennst du das? Zwei Dinge gleichzeitig zu wollen? Doch das eine geht mit dem anderen nicht? Oder bin das nur ich?

Ich möchte ständig weitergehen und suche nach mehr. Zugleich hoffe ich auch, endlich mal anzukommen und sehne mich nach Stillstand, nach etwas mehr Halt. Ich wünsche mir frei zu sein, zu tun und lassen, was ich will. Doch wache ich morgens auf und bin allein, sehne ich mich jemandes „Mein“ zu sein, neben dir zu liegen und von der Liebe nicht genug zu kriegen. Ich halte an allem und jedem fest, an jeder Erinnerung, jeder Berührung und jedem Blick. Dabei würde ich auch manchmal gerne loslassen, um nicht meine Gegenwart zu verpassen. Ich versuche ständig besser zu werden, in den Dingen, die ich tue und wie ich bin, aber möchte mich auch mal so lieben wie ich bin, ohne mehr zu geben. Ich will immer weiter machen und einfach mehr schaffen, doch zugleich auch aufgeben und mal so dahin leben.

Ich wünsche mir unter der Bettdecke zu liegen und mich im Kopfkino zu verlieren, zu entspannen und kurz mal zu sein. Im gleichen Moment möchte ich aber aufspringen, bei unbekannten Ecken abbiegen und die schöne Welt lieben. Ich verschließe mein Herz, weil ich Angst habe wieder verletzt zu werden. Ich sehne mich aber auch nach Zweisamkeit und, dass du in meinem Leben bleibst. Ich möchte auf den Wellen treiben und den Sand auf meinen Füßen spüren. Mein Fernweh lässt mein Herz bluten und mich wünschen das große Weite zu suchen, aber ich liebe Wien und alles was es ist, mein Zuhause und Wohnsitz.

Kennst du das? Diese zwiespältige Sehnsucht? Zugleich Ankunft und Flucht? Man findet und verliert sich. Oder bin das nur ich?

© Laura Farrensteiner 2022-08-28

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