Wir haben uns heute rausgewagt. Wollten Natur fühlen und erleben. Wir sind ja mitten in der Coronavirus Quarantäne und fühlen uns unserer Freiheit beraubt. Nach wenigen Schritten in der Sierra Vista Open Space Preserve waren wir sofort mitten drin in der Natur. Beeindruckend. Prächtig. Wir konnten den schrillen Ruf der Erdhörnchen hören. Einen Habicht sehen, der würdevoll seine Kreise zog. Die bunten Wildblumen riechen. Und überall natürlich das beinahe penetrante Neonorange des California Poppy. An die Krise werden wir nur erinnert, wenn wir anderen Wanderern begegnen, die mit Gesichtsmaske bewaffnet sind. Wir lassen uns davon aber nicht zu sehr beeinflussen und marschieren frohen Mutes dahin.
Mitten im Genießen kommen wir aus den Bäumen heraus auf eine kleine Wiese. Und da finden wir uns auf einmal zwischen echten Kühen! Kein Zaun. Nichts. Das ist ganz einfach Natur. Es kostet mich einen kurzen Moment, um zu erkennen, daß das für unsere Großstadtkinder eine leicht Angst einflößende Angelegenheit ist. Meine Tochter: „Papa, ist das ein Stier?!“ Ich: “Nein, das sind Kühe, die tun nichts.“ Ja, die Kinder mögen es nicht, wenn wir sie darüber ein bißchen aufziehen, aber im Vergleich zu meiner Kindheit in Innsbruck und Umgebung, wo ich die meiste Zeit draußen im Freien war, sind unsere Kinder schon sehr weit entfernt von einem echten Erleben der Natur. Wir haben noch viel Arbeit vor uns.
Ich muß gestehen, daß es mich immer wieder beeindruckt, wieviel Natur wir hier so nahe haben. Wenn wir in die Hügel fahren, sind wir in einer anderen Welt. Richtung Westen haben wir noch die Panoramasicht auf San Jose, aber richtung Osten sehen wir nur endlose Hügel. Hier oben sind wir plötzlich ein Teil der Natur. San Jose sieht surreal aus. Und ich frage mich, warum wir nicht öfter hierher kommen. Warum wir nicht öfter diese Verbindung herstellen, die uns dann immer erfüllt und uns das Herz wärmt. Ja, warum eigentlich nicht?
© Johannes Oberhofer Lomeli 2020-05-05