Socken stricken

Ulrike Puckmayr-Pfeifer

von Ulrike Puckmayr-Pfeifer

Story

Das Feuer knistert im Ofen und verbreitet behagliche Wärme. Eine Katze sitzt auf meinem Schoß und schläft. Eine andere hat es sich auf dem kleinen Abstelltisch neben dem Sofa gemütlich gemacht. Der Kaffee daneben ist kalt geworden. Ein letzter Schluck noch.

Durch meine Finger gleitet die Wolle. Der Socken in meinen Händen wächst. Meine Gedanken bewegen sich im Rhythmus durch die Zeit, verweilen da und dort, ziehen weiter zu einem anderen Lebensereignis und kehren dann wieder in die Stille des Raumes zurück, die nur vom knisternden Feuer und den klappernden Stricknadeln durchbrochen wird.

Zwei glatt, zwei verkehrt. Stricken beruhigt. Stricken ist Meditation.

Ich blicke auf eine beachtliche Strick- und Häkelvergangenheit zurück.

Erstes Erinnerungsbild: Meine Großmutter sitzt im Haus meiner Kindheit neben dem Ofen und strickt. Arbeitshandschuhe aus grobem kratzendem Garn. Ich habe sie nie etwas anderes stricken sehen. Die Stricknadeln sind leicht verbogen vom Druck ihrer Hände, die von Kindheit an schwere Arbeit gewohnt waren. Ich bin noch ein Kind, aber mich fasziniert dieses Spiel ihrer Hände mit Nadel und Garn. Das wollte ich auch können.

Die ersten Grundbegriffe des Strickens muss ich wohl von meiner Großmutter gelernt haben. Auch den Umgang mit Häkelnadel und Häkelgarn zeigte sie mir.

In der zweiten Volksschulklasse gab es das Fach Handarbeiten. Nur für die Mädchen. Die Buben haben Werken und basteln Dinge aus Holz oder Metall. Ich bin froh, ein Mädchen zu sein und mich mit Werkzeugen wie Hammer, Feile und Säge nicht beschäftigen zu müssen.

In der ersten Stunde lernten wir in mühsamen kleinen Schritten den Beginn einer Häkelarbeit. Ein Knäuel rosaroten Häkelgarns und eine Häkelnadel lagen bereit. Die Lehrerin zeigte uns vor, wie wir mit dem Faden eine Schlinge machen und mit der Häkelnadel durch diese den Faden durchziehen sollten. Die erste Luftmasche war geboren und weitere folgten. Dann kamen die festen Maschen. Das erste Häkelstück war eine kleine Geldbörse, die ich seltsamerweise noch heute besitze. Etwas schief geraten mit deutlich sichtbaren Spuren der Ungeschicklichkeit einer Anfängerin. Ein Waschlappen folgte. Dann wurde gestrickt. Ein gelber Schal im Würfelmuster. Rote Fäustlinge. Das Stricken des Daumens eine Herausforderung für sich. Dann das Socken-Stricken. Die Ferse eine noch größere Herausforderung. Aber mithilfe der geduldigen Handarbeitslehrerin, die noch dazu Glück hieß, alles gut geschafft. Dazwischen gab es auch Nähen, Flicken, Sticken und Stopfen. Auch interessant, aber Stricken wurde zu meiner Lieblingsbeschäftigung, im Laufe meines Lebens immer wieder hervorgeholt.Irgendwann habe ich mich auch an größere Projekte gewagt. Pullover, Westen, Schürzen, Decken und auch Kleider entstanden. Dazwischen immer wieder Socken. Zur Entspannung. Für Familienmitglieder und Freundinnen. Die Ferse inzwischen problemlos, eingeübt mit schlafwandlerischer Sicherheit.

© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2022-11-16

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