Sonnenfinsternis

Elke Koller

von Elke Koller

Story

Am 11. August 1999 konnten wir eine totale Sonnenfinsternis erleben. Wir fuhren zu meiner Großmutter ins Burgenland. Hier sollte es möglichst wolkenlos sein und auch das Phänomen des Kernschattens sichtbar werden. Auf dem Weg sahen wir immer wieder nach der Sonne. Konnte man den Erdschatten schon erkennen? Würden die Dunstschleier sich noch lichten? Hatten wir richtig entschieden, aufs Land zu fahren? Geschichte 27

Im Gebäck befanden sich etliche Schutzbrillen, die man zu dieser Zeit überall kaufen konnte. Mein Magier hatte seine Kamera umgerüstet, sodass er auch über der Linse einen Lichtschutz anbringen konnte. Alle unsere Kameras waren aufgeladen und einsatzbereit.

Unser Söhnchen schlief im Auto. Das Brummen des Motors war für ihn wie ein Schlaflied. Kaum losgefahren, versank er schon in einen seligen Schlummer. Erst mit ungefähr fünf hat er dieses Verhalten abgelegt. Dann war die Umgebung einfach zu interessant für ihn, um alles zu verschlafen.

Im Burgenland angekommen, war nicht mehr viel Zeit. Wir positionierten uns im Garten. Söhnchen war aufgewacht und blickte begeistert in die Gegend. Oma machte uns einen Kaffee, das Mittagessen wartete schon, aber im Moment waren wir zu aufgeregt. Schon konnte man den halben Erdschatten über der Sonne erkennen, wenn man durch die Schutzbrille sah. Durch die scheinbar undurchsichtige, silberne Schutzfolie nahm sich die Sonne wie der Mond aus und man erkannte deutlich die halbkreisförmige Verdunkelung.

Ohne Schutzbrille merkte man nichts, die Sonne schien gleich hell wie sonst. Nur langsam ging die Verdunkelung weiter. Trotzdem vibrierte die Luft vor Spannung. Schließlich sollte das eigentliche Ereignis, der totalen Finsternis, nur knapp zwei Minuten dauern!

Davor erwarteten wir noch das Diamantring-Phänomen, bei dem nur wenige Sonnenstrahlen an einem Fleck des Ringes sichtbar werden. Erst 2081 würde wieder eine totale Sonnenfinsternis hier in Europa stattfinden.

Endlich war es so weit: Die Sonne verdunkelte sich. Plötzlich wurde es finster wie in einer mondhellen Nacht. Was ich nicht vorausgeahnt hatte: Alle Vögel verstummten, die Grillen begannen zu zirpen und die Frösche quakten, wie in der Abenddämmerung! Alles war in ein silbriges Licht getaucht. So etwas kann man nicht fotografieren und nicht filmen. Ich verstand auf einmal, warum Menschen um den halben Globus reisten, um dieses Phänomen live zu erleben. Gute Bilder zu schießen überließ ich dem Magier und saugte die verzaubernde Stimmung in mich auf.

© Elke Koller 2020-12-31

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