von Stephanie Marek
Das Kratzen eines Bleistiftes über Papier war das einzige Geräusch neben den Regentropfen, die gegen das Fenster prasselten. Das Wetter hatte auf Valeries Heimfahrt drastisch umgeschlagen und der vorhin noch schöne Tag war kurzerhand in Wasser versunken. Sie hatte es geschafft rechtzeitig zu Hause zu sein, ohne nass zu werden, allerdings schlug der Wetterumschwung ziemlich auf das Gemüt. Eigentlich sollte Sommer sein, doch die Regenwolken, die den Himmel bedeckten, hatten auch eine schwere Decke auf ihre Stimmung geworfen.
Sie zeichnete gedankenverloren auf ihrem Block, während leise Musik aus ihren Kopfhörern drang. Valerie nutzte für die Konzentration immer gerne eine Playlist, die sie selbst zusammengestellt hatte. Verschiedenste Geräusche aus der Natur wie Wasser plätschern, Vogelgezwitscher oder das Rauschen des Windes, gepaart mit leisen Violinen- oder Klavierklängen. Hin und wieder gesellte sich ein Stück aus einem Film hinzu, das von einem großen Orchester gespielt wurde. Die Vielfalt half Valerie das Bild in ihrem Kopf auf das Papier zu bringen.
Für einen kurzen Moment hielt sie inne und betrachtete die Bleistiftzeichnung auf dem Block in ihrem Schoß. Kleine Stückchen abgeriebenen Radiergummis befanden sich noch auf dem Papier und so blies sie diese sanft weg. Das Portrait lächelte ihr mit einem Funkeln in den Augen entgegen.
Valerie hatte keine Ahnung wer diese Person war, doch sie wusste, dass sie diese Dame schon einmal gesehen hatte. Immer wieder tauchte sie nämlich in ihren Träumen auf und sagte ihr, sie solle ihrer Stimme folgen. Sie hatte sanfte, braune Augen und auf ihren Lippen lag immer ein Lächeln. Trotzdem wusste sie nicht wie sie hieß und warum sie immer wieder von ihr träumte.
Bleistift und Zeichenblock landeten mit einem Seufzen auf dem kleinen Schrank neben dem Fensterbrett und Valerie wandte ihren Blick nach draußen. Der Regen schien nicht nachlassen zu wollen und so lehnte sie sich schließlich an das Glas und lauschte dem Prasseln.
Das Licht der Kerze, die sie angezündet hatte, flackerte etwas, doch Valerie blickte nur weiter hinaus. Trotz des Plans, nach der Uni endlich dieses neue Spiel beginnen zu wollen, war daraus nichts geworden. Denn nicht nur hatte es angefangen zu regnen, sondern der Strom war ebenfalls ausgefallen, so als würde das Wetter ihr sagen wollen, dass es Wichtigeres gab als ein Computerspiel.
Tropfen bahnten sich langsam einen Weg über das Glas, verschmolzen miteinander und liefen schließlich am Rahmen und über das Fensterbrett draußen an der Wand hinunter. Der Regen schien nicht enden zu wollen.
© Stephanie Marek 2022-08-29