von Elke Koller
Seit einer guten Woche schreibe ich nun hier auf Story.one. Mein Mann lacht mich aus, meine Tochter verdreht die Augen. Meine Verwandtschaft kommt mit der Seite nicht zurecht und meine Freunde haben andere Probleme.
Manchmal zwinge ich den einen oder anderen dazu, sich einen meiner Texte anzuhören – ich lese vor, die Stimme und die Betonung machen sicher was aus. Aber die Resonanz ist eher „mau“: „Ja, gut geschrieben, echt.“ Die Begebenheiten hab ich ja oft erzählt und meine „Innenschau-Texte“ mute ich gleich niemandem zu.
Wen wundert es, dass ich daher alle Augenblicke auf mein Handy-Tablett, meinen PC schaue? Wie ein Süchtiger klebe ich am eigenen Profil und manchmal kann ich es nicht unterdrücken: „Wow, schau, schon 100 Likes!“ – Reaktion der Lieben: Wie oben beschrieben, Mann lacht, Frau Tochter verdreht die Augen.
Die Freude am geschriebenen Wort kann ich keinem vermitteln, der lieber Sachtexte liest, oder mal einen witzigen Zweizeiler auf FB. Für eine Fünfzehnjährige ist die Mutter sowieso nur peinlich. Mein Großer ist zur Zeit ohne Internet „Kaserniert“, der würd vielleicht „Mitleidlesen“. So stürze ich mich auf die Gemeinschaft hier im Netz.
Die Texte der anderen führen mir die Vielfalt der Sprache vor Augen. Da gibt es verschiedene Stile, interessante Orte und Menschen. Da fallen mir selbst wieder Geschichten ein, meine Fantasie wird angeregt, vertrocknete Quellen füllen sich mit Grundwasser und auf Wüsten fällt sanfter Regen. Es sprießt und wird grün. Längst abgestorbene Pflanzen gehen wieder auf und öffnen ihre Blütenpracht. Sie zaubern mir ein Lächeln ins Gesicht.
Schade, dass ich diese Freude nicht unmittelbar teilen kann, aber was ist der Prophet im eigenen Land?
Nachtrag: Meine Mama lässt es sich nicht nehmen, eine treue Leserin zu werden – sie brauchte nur Hilfe mit dem Netz! Überhaupt bekunden viele ihre Neugier: Kannst mir nicht was vorlesen? Sicher, vorlesen tu ich auch gerne. Aber schön ist es schon, wenn jemand von sich aus eine kleine Anstrengung unternimmt und selber liest.
Wahrhaft getragen fühle ich mich von den Menschen hier, von den Mitautoren, die selber um Leserschaft buhlen, aber auch nicht müde werden zu kommentieren, ermuntern, trösten und verstehen. Danke euch ihr Lieben, ich bin heim gekommen.
© Elke Koller 2020-08-19