Tinder Date?

Marianna Vogt

von Marianna Vogt

Story

Adi vergeigte regelmässig seine Dates. Entweder lud er die Frauen ins falsche Lokal ein, schenkte ihnen das Unpassende oder vergass ihren Namen.

Adi lernte eine Neue kennen. Beim Frühstückskaffee an der Tankstellenbar. Sie gefiel ihm auf Anhieb. Eine Blondine – zwar nicht echt, aber immerhin. Vollbusig, rattenscharfe Highheels und ein verführerischer «Komm schon Baby», Blick. Adi musste sie ansprechen. Aber was sollte er zu ihr sagen?: «Entschuldigung, trinken Sie den Kaffee schwarz? Ich trinke meinen lieber hell», stotterte er verlegen. Sie musterte ihn genau, bevor sie ihm ihr Kaffeerähmchen zuschob. Ihr süsses Lächeln mit dem Diamanten auf dem Eckzahn, brachte ihn fast um den Verstand. Adi lud Ida, so hiess die Schönheit, spontan zum Dinner ein. Ida sagte sofort zu und Adi fuhr glückselig zur Arbeit.

Diesmal wollte er alles richtig machen. Er reservierte einen Tisch beim Japaner und liess sich in der Mittagspause im Blumengeschäft beraten. Die Vase kaufte er gleich mit. Aus Erfahrung seiner Mutter und Schwester wusste er – die passende Vase war nie zur Hand.

Abends machte er sich zügig auf den Weg und traf pünktlich beim Tankstellenparkplatz ein. Ida war schon da, lehnte sich lässig an die Autotür und zog lasziv an einer Zigarette.

WAS, die raucht – das muss ich ihr abgewöhnen, ging es Adi durch den Kopf. Er holte die Blumen aus dem Auto und ging freudig auf Ida zu. Sie musterte ihn, wie er lief, wie er sich bewegte, dann den Blick zu den Blumen. Sie wartete, bis er vor ihr stand. Er kramte seinen Zettel mit dem Namen aus seiner Hosentasche: «Ida», begann er mit zittriger Stimme das Gespräch. Ida fiel ihm unsanft ins Wort: «Spinnst du? Tulpen für ein erstes Date? Wer hat dir denn diesen Unsinn erzählt? Übrigens warte ich hier nicht auf dich, sondern auf mein Tinder Date, der den Kaffee schwarz und ohne Zucker trinkt». Kaum hatte sie den Satz fertig ausgesprochen, hörte man quietschende Autoreifen. Eine Elviskopie stoppte abrupt einen amerikanischen Sportwagen. Der Typ stand auf dem Fahrersitz und lud die Blondine mit einer einladenden Bewegung in sein Cabriolet ein. Adi warf enttäuscht einen Blick auf die verheissungsvollen Tulpen. Verdammt – was ist ein Tinder Date? Ein Frauenthema? Monika, mein treues Schwesterherz weiß dies bestimmt. Ich werde sie anrufen und fragen und vielleicht hat sie Zeit mit mir beim Japaner Sushi essen zu gehen.

1559 bestaunte Conrad Gessner im Garten eines vornehmen Augsburger Bürgers eine ihm nicht bekannte Pflanze. 1564 brachte Gessners Pflanzenbote die erste Tulpe nach Zürich – ein Geschenk eines Basler Arztes. Zu Gessners Ehren erhielt die Gartentulpe die wissenschaftliche Bezeichnung: Tulipa Gesneriana.

Der Hügel, auf dem sich der Alte Botanische Garten befindet, war einst ein Bollwerk für die Verteidigung von Zürich. Heute befindet sich dort der mittelalterliche Kräutergarten, der «Gessner–Garten», welcher einen Einblick in das Heilpflanzenwissen des 16. Jahrhundert gibt.

© Marianna Vogt 2022-04-30

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