von Giggu
Seinerzeit, als die Gesundheitshotels noch nicht Wellnessoasen hießen und nur ganz wenige Einrichtungen eine spezielle, gesunde Kost anboten, damals also, saßen meine Freundin und ich eines Abends inmitten heiterer Urlauberinnen im Teesalon. Bei Melissen-, Brennnessel- und Johanniskraut-Tee unterhielten wir uns prächtig darüber, dass hier nur Damen den Mumm gehabt haben, sich über das leichte Gespött der Daheimgebliebenen bezüglich unserer “Körndlfresserei” zu erheben, bzw. dieses zu ignorieren.
Und dann kam “Er”. Ein – schätzungsweise – Mittfünfziger, nicht allzu groß, nicht allzu schlank, aber mit Elan und Vorfreude, sich mitten in diesen Harem hineinzupressen und sich möglichst zu profilieren. Das tat er dann auch, indem er Witze am laufenden Band erzählte, aber mit den Pointen Probleme hatte. Worauf er immer wieder in seinem kleinen Notizbuch nachschlagen musste … die Zuhörerinnen entfleuchten so nach und nach in ihre Zimmer.
Ein anderes Mal, diesmal bei Pfefferminztee, suchte ein durchreisender Handelsvertreter die Damenrunde im Teesalon heim. Er hatte weniger für das Entertainment über, er ging sogleich in medias res. Zwei Damen hatte er im Visier, die er zu einem Abendspaziergang zum nahen Heurigenlokal mit anschließendem Kuscheln im Hotel einlud. Aber leider, leider waren die beiden Damen schon zu müde.
Meine Schulkollegin B. – Szenenwechsel – hatte bei ihrem Kuraufenthalt vor Jahren drei Wochen lang die rosarote Brille auf. Sie war ihrem Kurschatten verfallen und verließ ihren Gatten und die Kinder. Im Alltag gab es ein wirklich böses Erwachen. B. brach danach den Kontakt zu allen ab.
Aber so tragisch muss ein Kuraufenthalt nicht enden! Es kann so ein Kurschatten-Erlebnis auch abwechslungsreich, harmlos und beglückend sein! (Das darf jede Leserin, jeder Leser gerne nach eigenem Gutdünken auslegen oder ausleben…i sog nix!)
Damit ich meine Geschichte nun wieder auf eine solide Basis stelle, berichte ich kurz von einer Stunde in einer Schreibwerkstatt: Unsere Kursleiterin kam von einem Kur-Aufenthalt erholt und fröhlich zurück. Sie stellte uns die Aufgabe, aus den Buchstaben des Wortes “Kurschatten” andere Wörter zu kreieren. Zunächst fiel uns gar nichts ein. Zaghaft entstand: STATUR, TASCHE, RAUSCH, KURS. Doch plötzlich entwickelte sich eine ehrgeizige Dynamik und unser Spieltrieb wurde angestachelt. Wir kamen auf unglaublich viele Wörter! Es hatte richtig Spaß gemacht.
Am Stundenschluss lag eine kecke Frage an unsere attraktive Kursleiterin natürlich auf der Hand. Warum sie ausgerechnet das Wort “Kurschatten” gewählt hätte, wollten wir wissen. Eine leichte Röte kroch über ihre Wangen und ihre Lippen zuckten verräterisch. Tja, …
© Giggu 2023-02-05