Unterirdische Stadt in Kappadokien

Lorenz Graf

von Lorenz Graf

Story

Von Kappadokien hatte ich schon mehrmals die berühmten Bilder gesehen. Auch hat man mir erzählt, wie sehenswert dieses Gebiet in der Türkei sei. Es ist das Land der Feenkamine und der Kirchen. Man sieht und hört sich das an und denkt dabei: Na ja, wieder so ein Land, das einem als Reiseziel empfohlen wird. Man kann aber schließlich nicht alles sehen.

Auf unserer langen Reise mit dem Wohnmobil durch die Türkei kamen wir natürlich auch nach Kappadokien. Man kann ja nicht alles sehen, war immer meine Meinung. Aber jetzt sage ich: Kappadokien muss man gesehen haben! Man muss ja nicht gleich eine Ballonfahrt mitmachen, aber einige Tage sollte man dort schon mit Wandern verbringen. Nur so kann man alle paar Meter eine neue Überraschung genießen.

Wir konnten uns kaum satt sehen an diesem Land und doch standen wir eines Tages in Derinkuyu vor dem Eingang zur unterirdischen Stadt, von der manche Archäologen vermuten, dass mit ihrem Bau schon vor 4000 Jahren begonnen wurde. Die große unterirdische Stadt, in der zehntausende Menschen gelebt haben sollen, stammt aus dem 6. und 7. Jahrhundert n. Chr. Ahnungslos und voll Interesse stiegen wir Stufen hinab, krochen durch niedrige, enge Gänge, die mehr röhrenförmige Höhlen waren.

Tief in das Tuffgestein waren Wohn- und Schlafräume gegraben, ebenso Höhlen als Lagerräume und Ställe für Tiere. Es gab große Gemeinschaftsräume, Kirchen und immer wieder enge Durchgänge. Insgesamt geht es 8 Stockwerke tief hinab. Tiefe Brunnen und ein raffiniertes Belüftungssystem faszinierten uns sehr. Zwischen den Gängen gibt es des Öfteren sogenannte Rollsteine, riesige, tonnenschwere, scheibenförmige Steine, die wie Müllsteine aussahen und bei Gefahr aus ihren Nischen quer über den Gang gerollt wurden. Sie konnten durch einen technischen Trick nur von innen geöffnet werden. So waren die Bewohner vor Feinden sicher.

Und dann standen wir in einem kleinen Raum, der nur über einen lochförmigen, engen Zugang erreichbar war. Wir, das waren mit uns noch 4 Wohnmobilfreunde, mussten eng zusammengedrängt mit gebückten Köpfen warten. Es wollte eine Gruppe junger Asiatinnen vorbei. Sie lachten und waren freundlich. Doch es wurde sehr eng und der Gedanke, dass wir uns viele Stockwerke unter der Erdoberfläche befanden, vermittelte mir ein beängstigendes Gefühl von Klaustrophobie, ein Gefühl, das ich bisher kaum kannte. Unsere Frauen brachte diese Situation an den Rand einer Panik.

PS: Das mit dem Erdbeben hätte ich nicht sagen sollen, dann hätte meine Frau an diesem Tag nicht stundenlang das Gespräch mit mir verweigert.

Wir haben es wieder heil nach oben geschafft, denn sonst hätte ich es hier nicht erzählen können. Für normal Mutige ist diese unterirdische Stadt unbedingt sehenswert.

© Lorenz Graf 2021-02-10

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