Zu meinem dreißigsten Geburtstag bekam ich zu meiner Freude von meinen Freundinnen, ein ganz besonderes Geschenk. Einen kurzen Trip, an einen der verlassenen und verbotenen Orte, von denen es in Österreich einige gibt. Das Ziel, das sie ausgewählt hatten, war eine ehemalige Lungenheilstätte. Das Sanatorium wurde um 1900 von zwei Lungenspeziallisten gegründet. Nach dem Bau einer großen Schwimmhalle in den 80zigern wurde es als Hotel geführt aber immer unrentabler und letztendlich 2002 endgültig geschlossen. Seitdem steht es leer und der Verfall ist dem Gebäude deutlich anzusehen. Das Besuchen dieses Sanatorium ist strengstens verboten. Alleine diese Tatsache gab dem geplanten Ausflug den notwendigen Kick. Schon bei der Auffahrt durch den Wald sah das Gebäude sehr herrschaftlich aber auch ziemlich angsteinflößend aus. Dieses Flair, das ein verlassenes Gebäude umgibt, war deutlich wahrnehmbar. Einen offiziellen Eingang gab es nicht. Also suchten wir nach einer anderen Möglichkeit hineinzugelangen. Wir entdeckten eine aufgebrochene Hintertür, wo man mit ein bisschen Geschick das Gebäude betreten konnten. Allerdings musste man höllisch aufpassen sich bei den vielen abgesplitterten Hölzern und Glasscherben nicht zu verletzen. Aber so schnell brachte uns nichts aus der Fassung. Zuerst wollten wir das alte Hallenbad besuchen. Nun mussten wir uns in der Dunkelheit, nur mit unseren Taschenlampen ausgerüstet, orientieren. Da wir keinen genauen Plan hatten, versuchten wir in diesem dunklen Labyrinth den richtigen Weg zu finden. Von den vielen Eindrücken waren wir fasziniert und gleichzeitig, wirkte alles so bedrohlich. Überall lagen Kommoden und alte Karteikästen herum. In einem Raum waren auf einem Schreibtisch noch antike Patienten Aufzeichnungen zu finden. Betten waren umgedreht und Sesseln lagen verstreut auf dem Boden. Der Gruseleffekt war vollkommen. Wir konnten uns nicht satt sehen. Genauso hatte ich es mir vorgestellt. Etwas mulmig war uns schon zumute aber niemand wollte sich das eingestehen. Eigenartige Geräusche begleiteten uns schon die ganze Zeit. Sie waren nicht zu lokalisieren und so versuchten wir sie zu ignorieren. Dann endlich nach schier endlosen Fehlgängen fanden wir das stillgelegte Hallenbad. Das war unglaublich beeindruckend, als wir den riesengroßen Pool mit abgefallen Fliesen in seiner ganzen Pracht vor uns sahen. Wir gingen die Stufen in dem Schwimmbecken hinunter. Mittendrin stand ein roter Sessel. Mein Verstand spielte mir einen Streich und ich sah die Umrisse einer Gestalt darauf sitzen. Es erfasste uns eine unerklärliche Panik, die wir nicht zuordnen konnten. Dieses gruslige Geräusch kam immer näher. Es war so ein Scharren oder vielmehr ein Kratzen. Panisch schauten wir uns um und entdeckten in der hinteren Ecke des Beckens einen dunklen Schatten der sich auf uns zu bewegte. Von Angst übermannt flüchteten wir auf der Stelle Richtung Ausgang. Keiner drehte sich mehr um. Niemand wollte mehr wissen welche Gefahr uns drohte. Oder ob unser Geist uns täuschte. Völlig egal wir wollten nur mehr weg von diesem furchteinflößenden Ort. Bis heute wissen wir nicht, ob unsere Wahrnehmung uns getäuscht hatte und alles nur Einbildung war.
© Sylvia Zemlyak-Böhm 2024-02-07