von Ina Appeltauer
Wenn man in dieser Gesellschaft aufwächst, aber frei lieben will, gibt es vieles, dass man zuerst wieder verlernen muss. Ständig hört und sieht man diese eine so perfekte große Liebe. Das Niemand-Anderes-Mehr-Sehen, wenn man die Liebe seines Lebens endlich gefunden hat. Die Person, die dich komplett macht. Junge Menschen haben Angst davor, einen Teil ihrer selbst in Beziehungen lassen zu müssen und ihn nie wiederzubekommen. Ältere Menschen haben Angst davor, ohne diese Liebe nicht komplett zu sein. Als würde ihnen ein Teil ihrer selbst Fehlen.
Es gibt so viele Regeln, nach denen man lieben soll. Monogam soll man sein und an niemandem sonst soll man Interesse haben. Eifersüchtig soll man sein – genug um jemanden wissen zu lassen, das einem viel an der Sache liegt, aber auch spärlich genug, um es jederzeit abstreiten zu können und nicht toxisch zu sein. Reden soll man miteinander, aber nur so viel, das der/die Andere immer ein gutes Bild von einem hat – wozu hat man denn schließlich Freund*innen?
Die groĂźe Liebe muss alle Erwartungen erfĂĽllen. Der beste Freund oder die beste Freundin sein. Die Schulter zum Ausheulen. Jemand zum Lachen. Jemand der dich beschĂĽtzt. Jemand, der immer stark und so weich zugleich ist. Wie soll irgendjemand an so hohe AnsprĂĽche herankommen?
Nein, so ist die Liebe nicht. Nicht fĂĽr mich.
Liebe ist überall. Sie ist so viel mehr als nur romantisch und perfekt. Sie ist echt. Sie ist in so vielen Menschen. Du musst nichts von dir selbst geben, keinen Teil von anderen Menschen nehmen und hüten. Nicht suchen bis die eine “richtige” Person deinen einsamen Weg kreuzt.
Du musst nur die Augen offen halten. Dein Herz offen halten. Es gibt so viele wunderbare Arten von Liebe. Und jede davon ist wie ein Legostein in der Burg, die sich mein Herz nennt. So ist Liebe für mich. Ohne Regeln. Ohne Einschränkungen. Verteilt auf viele Menschen.
Individuell.
Frei.
Bunt.
Vielleicht, und nur vielleicht, ist das alles, was man wirklich braucht.
© Ina Appeltauer 2021-08-10