von Janda-Waschek
Winter 1945/1946; der Krieg war zu Ende. Der jahrelange, durch ihn verursachte “Lockdown” begann sich zu lockern. Normalität kehrte wieder langsam zurück.
Es war mein erstes Schuljahr. Ich besuchte die Volksschule Leopoldsgasse im 2. Wiener Gemeindebezirk. Der Augarten, heute wieder ein herrlicher, großer Park, lag unmittelbar zwischen meiner Wohnadresse und meiner Schule. 15 Gehminuten von daheim entfernt.
Der Flakturm, auch heute noch in seiner Mitte, war in den letzten Kriegstagen Ziel großer Bombengeschwader, die ihre Verwüstungen zurückließen. Umgeworfene Laternen, zerbrochenes Glas und sonstiger Müll legten Zeugnis davon ab. Wir Kinder waren an solchen Anblick gewohnt, uns störte er nicht. Schon gar nicht, wenn frischer Schnee gefallen war.
Nach jahrelanger Pause erwachte auch die Kunst zu neuem Leben. Theater öffneten wieder ihre Pforten. Die Staatsoper gab es zwar nicht mehr oder noch nicht wieder, aber das Theater “an der Wien” übernahm deren Spielplan.
Meiner Mutter ist es zu Weihnachten unter großer Mühe gelungen, am Schwarzmarkt, 2 Karten für eine Nachmittagsvorstellung zu ergattern. “Hänsel und Gretel” die Oper von Engelbert Humperdinck stand am Programm.
Ich musste mich an besagtem Morgen schon „schön“ für den Theaterbesuch anziehen und wurde mit den Worten: “du kommst aber sofort nach der Schule nach Hause!” auf den Schulweg geschickt.
Es war ein herrlicher Wintertag, es hatte in der Nacht frisch geschneit, die umgestürzten Laternen hatten frische Schneehäubchen, die Sonne schien. Dies alles ließen mich meinen Theaterbesuch total vergessen. Ich ging mit meinen Schulkameraden in den Augarten “Laternenrutschen”. Das war lustig!
Der Blick meiner Mutter, als ich schließlich, natürlich viel zu spät und total verdreckt, heimkam, versprach nichts Gutes. Sie packte mich samt Mantel, hob mich hoch und setzte mich, so dreckig, wie ich war, auf das neben der Eingangstüre stehende Abwaschkasterl.
“Du gehst nicht ins Theater, ich hole mir Peter!” (das war der gleichaltrige Sohn unserer Hausbesorgerin). Mit diesen Worten verließ sie unsere Wohnung und ließ mich allein zurück.
Dass sie weit entfernt davon war die Vorstellung zu genießen, wird mir jede Mutter bestätigen.
Ich aber setzte ihren Befürchtungen, was ich zwischenzeitlich alles angestellt haben würde und was mir möglicherweise geschehen sein könnte, bei ihrer Heimkehr, die Krone auf.
Sie hastete nach Hause, gab Peter wieder bei seiner Mutter ab und nahm 2 Stufen auf einmal in den 3. Stock vor unsere Wohnung. …
Auffällige Stille am Gang vor unserer Eingangstüre und auch dahinter, verstärkte ihre Ängste.
Zitternd sperrte sie die Türe auf. ….Stille.
Sie durchquerte die Küche und öffnete die Schlafzimmertüre.
Da lag ich…..friedlich schlafend auf unserem Diwan.
Beim Öffnen der Schlafzimmertüre erwachte ich, setzte mich schlaftrunken auf und fragte:
„Na, war’s schön Mutti, hat es dir gefallen?
© Janda-Waschek 2020-12-28