von Eva Baumhauer
Als Kind habe ich mich auf dem Klo versteckt, bei der Arbeit auch schon mal im Keller und natürlich im Wald beim Spazierengehen. Es hat auch Freundinnen gegeben, die mitgekommen sind selbst im Kindergarten in die Puppenecke, oder im Schulhof in eine lauschige Ecke und etwas an dem sich verstecken ist aber neu mit dir. Wir sind jeden Tag in der Uni zur selben Uhrzeit zum Mittagessen verabredet und stellen uns in der Schlange an. Das Gelände ist überschaubar, es sind immer die gleichen Gestalten, die sich hier versammeln. Um ein Essenstablett zu bekommen, gibt es auch nur einen Weg und wir machen mit beim alten Spiel schauen und beschaut werden. Wenn soviel gleich alte Studenten zusammen sind raten mir meine Instinkte laut zu lachen, um mir selbst zu beweisen, dass ich keine Angst habe vor den anderen. Am besten sind wir zusammen als Clownpaar und reißen die Witze, die wir schon geübt haben. Ein Code mit Signalwörtern zwischen uns, über einen üblen Professor oder einen engstirnigen Mitbewohner, wir schlüpfen in diese Haut wie ein Chamäleon und beweisen uns selber, wie weit oben wir über den anderen schweben, wir sind unerreichbar und es ist gut so. Das geht eine Weile und die Konstellation entscheidet, ob ich fühle die anderen wissen um die Masken, die wir alle tragen, oder es sind Leute dabei, die wirklich glauben, das hier wäre die einzige Realität und wenn diese dann in der Übermacht erscheinen kann ich meine Witznatur nicht mehr aufrecht halten. Es wird mir zu eng, zu ernst, zu verantwortlich und an diesem Punkt sind wir uns ähnlich, das dieses Gefühl uns beide überrumpeln kann, das die Menge der Ulknudeln zu groß wird, oder auch die Menge der Paragrafenreiter, vielleicht auch nur die Menge der Mitmenschen an sich, die Dauer des Tages, was auch immer es sein mag an dem Punkt, wo eine von uns genug hat vom Showbusiness, verstehen wir uns quasi blind. Hier kommt das Verstecken ins Spiel, wir wollen einfach nur in Ruhe sein und es fühlt sich nicht wie eine Schwäche an, sondern wie eine Lösung für das Leben. Wie eine andere Realität und eine andere Bühne, oder manchmal sogar wie eine andere Welt. Dort sind Orte wo wir uns ganz zu Hause fühlen, auch wenn es nur im selben Raum ein anderer Tisch ist, und wir können Masken ablegen, in unsere Mitte kommen, und auch Themen besprechen, die universell gültig sind. Wir reden viel über die anderen und es ist klar, dass ermöglicht mir mich zu spüren, indem ich die Außenwelt begreife, kann ich in meine Innenwelt kommen und dort gibt es auch einen Clown, eine Ulknudel und einen Paragrafenreiter und die gehören aber alle mir. Diese Facetten meiner Person helfen mir die Verbindung der verschiedenen psychischen Anteile zu verstehen. Das Verstecken ist nicht nur räumlich gemeint, sondern auch inhaltlich, dass mit dir zusammen diese Charaktere alle auftreten dürfen, im selben Satz, den ich zu dir sage, kann ich lachen und weinen und keine Seite muss sich verstecken. Ich darf alles sein und darf auch nicht sein.
© Eva Baumhauer 2025-03-26