Was ist Dummheit?

Elisabeth Kinigadner

von Elisabeth Kinigadner

Story

Intelligenz ist die Fähigkeit, zu lernen. Intellekt mühsam erworbenes Wissen. Hingeworfene Definitionen. Ein Freund sandte mir vor kurzem Hinterlassenschaften von nicht ganz Unbekannten, alle auf einmal.

“Die Mehrheit der Menschen ist des Denkens nicht fähig, sondern nur des Glaubens und ist der Vernunft damit nicht zugänglich, sondern nur der Autorität.

Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad der Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand“, lässt uns Arthur Schopenhauer wissen.“ Der war ja ein wenig schrullig, denn erstens konnte man die Uhr nach ihm stellen und zweitens bewohnte er nur Parterrewohnungen, um so schnell, wie nur möglich im Freien zu sein, glaube ich mich zu erinnern.

Friedrich Schiller sagt sinngemäß dasselbe: “Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn. Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.” Sein Freund Goethe, den wir auch kennen, kam zu dieser Weisheit letztem Schluss: “ Nichts ist widerwärtiger, als die Majorität, denn sie besteht aus wenigen kräftigen Vorgängern, aus Schelmen, die sich akkomodieren, aus Schwachen, die sich assimilieren und der Masse, die nachrollt, ohne nur im mindesten zu wissen, was sie will.”

Da haben sie es uns aber gesagt.

Dumm nachgerollt, in Südafrika zu golfen? Juhuuu, eine Stunde vor dem Elektrogeschäft, eine vor dem Möbeldisconter, eine weitere vor dem Kleiderdisconter in der Warteschlange zu stehen? Für 70 % Rabatt kein Weg zu weit kein Berg zu steil? Natürlicher Verstand, oder Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen?

Die Massen wissen, was sie wollen. Das sage ich. Möbel, Tablets, Handys und Frühlingskleider. Da hat Goethe nicht genau geschaut.

Wir haben auch eingekauft. Sofort. Einen LED Stab für die Lampe im Klo. Die erlosch mit der Totalsperre und war online nicht zu finden. Nach zwei Monaten Finsternis, haben wir wiederholt vergessen, den Schalter zu betätigen. Wir hatten uns akkomodiert. Ich habe meinen Vorrat an Kleidern vorbeiziehen lassen und festgestellt, dass ich notfalls Jahre lang keine neuen brauche. Ach so. Nein! Das ist eine Unterstellung, falls sie das denken sollten. Ich besitze nur drei Handtaschen. Eine ist weinrot, aus gutem Leder, erstanden in einem Geschäft in einem malerischen Ort in der Toscana. Vor acht Jahren. Sie duftet noch immer. Diese Taschen nennen wir borsa da battaglia, hatte die Verkäuferin gesagt. Die wollte ich. Tasche für den Kampf. Dann habe ich einen knöchellangen Mantel aus Wollstoff, anthrazitfarben, mit einem Samtrevers. Aus dem Jahre 1998. Das ist schon ein Youngtimer. Der hatte einige fadenscheinige Stellen. Auf diese habe ich Samtstreifen genäht. Ich werde weitere Samtstreifen nähen, sollte ich eine schäbige Stelle entdecken. Diesen Mantel finde ich nirgendwo und die Lebensdauer verlängere ich auch bei anderen Gewändern.

Haben Schopenhauer, Schiller und Goethe Recht? Ich glaube fast, wir brauchen Luft, soziales Miteinander, Kleidung, Nahrung und ein Dach. Fertig.

© Elisabeth Kinigadner 2021-02-15

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