Weihnachten auf dem Bauernhof

Ulrike Puckmayr-Pfeifer

von Ulrike Puckmayr-Pfeifer

Story
Weiden am See 1959 – 1968

Meine Großtante und mein Großonkel lebten in Weiden am See in einem alten Bauernhaus. Sie betrieben eine kleine Landwirtschaft mit ein paar Weingärten. Es gab Hühner, Enten, Schweine, ein Pferd, einen Hund und einige halbwilde Katzen, die sich nur widerwillig von mir hochheben und streicheln ließen.

Es war ein sehr einfaches Leben. In der Winterküche stand ein altes Radio. Fernseher gab es keinen. Wasser wurde aus dem Brunnen geholt und in großen Töpfen auf dem Herd heiß gemacht. Im hinteren Bereich des Hofes gab es ein Plumpsklo.

Es war Tradition, dass meine Eltern und ich jedes Jahr zu Weihnachten zu Besuch kamen. Wir blieben auch über Nacht. Es war der Stephanitag, an dem wir anreisten, im Gästezimmer übernachteten und am nächsten Tag wieder abreisten. Diese Besuche waren für mich sehr schön. Ich liebte meine Großtante und meinen Großonkel sehr. Auch von ihnen kam eine große Liebe, die mein Herz erwärmte. Sie hatten keine Kinder. Vielleicht wurde deshalb ihre Liebe in so konzentrierter Form mir zuteil.

Nachdem wir angekommen waren, wurden wir sofort durch Haus und Hof geführt. In den Stall, wo ein wunderschönes braunes Pferd stand, in den Schweinestall, wo drei Schweine gemästet wurden. Der Hund hatte eine eigene Hundehütte, die von meinem Onkel gezimmert worden war. Und auf dem Hühnerhof waren so um die 15 Hühner mit einem Hahn.

Nach dieser Besichtigung setzten wir uns in die gemütliche, gut geheizte Winterküche. Die Erwachsenen tranken ein Gläschen Wein aus eigener Produktion. Die Frauen waren damit beschäftigt, das Mittagessen zuzubereiten. Meist wurde ein Huhn geschlachtet. Es gab ein knuspriges Backhendl mit Erdäpfelsalat. Zu trinken bekam ich Frucade.

Meine Großtante und mein Großonkel schenkten mir viel Aufmerksamkeit. Oft setzte sich meine Tante an die Nähmaschine und nähte für meine Puppe schöne Kleider. Mein Onkel nahm mich in den Weingarten mit. Manchmal spannte er auch das Pferd vor den Wagen und machte mit mir eine Ausfahrt in die schöne Gegend rund um den Neusiedler See. Gegen Abend durfte ich die Eier abnehmen. Er gab mir kleine Hinweise, und ich freute mich über jedes gefundene Ei.

Am Abend saßen wir in der Winterküche noch gemütlich zusammen. Das Feuer knisterte im Ofen. Die Erwachsenen tranken Wein und erzählten einander interessante Geschichten, die mich in fremde Welten entführten.

Im Gästezimmer, wo meine Eltern und ich übernachteten, hatte meine Tante liebevoll einen Christbaum aufgeputzt und kleine Geschenke darunter gelegt. Es war kalt. Das Zimmer war sonst unbewohnt und ausgekühlt, daher schwer beheizbar. Als Kind störte mich das nicht. Ich bekam einen mit Stoff umwickelten heißen Ziegelstein ins Bett und wurde mit einer schweren Daunentuchent zugedeckt. Und ich schlief bei meinen Eltern im Ehebett.

Im Morgengrauen hörte ich den Hahn krähen. Ich hörte, wie mein Onkel Wasser aus dem Brunnen pumpte. Für die Tiere und die Menschen.

© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2020-12-07

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Biografien
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Emotional, Inspirierend, Unbeschwert
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