M. ist seit mehr als einem Vierteljahrhundert mein Physiotherapeut. Er kümmert sich um das Wohl meiner Knochen und Muskeln und um Reparaturmaßnahmen im Fall von Beeinträchtigungen auf Grund baulicher Mängel, übermäßiger Beanspruchung, nicht bestimmungsgemäßer Nutzung und altersbedingter Verschleißerscheinungen.
M. ist auch Jäger, der schon in vielen Ländern Jagderfolge erzielt hat. Er hat auch Humor, weil er ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken, meine doch etwas provokante Definition eines Jägers, die mir vor dreißig Jahren einen Kunden gekostet hat, zur Kenntnis genommen hat (siehe *). Außerdem sorgt er alljährlich für unseren Weihnachtsbraten von Reh, Hirsch oder Gämse, die irgendwann in das Blickfeld seines Zielfernrohres geraten sind.
Ein Jäger hat auch mindestens einen Jagdhund. In M.s Fall waren es zwei. An ihre Namen zu Beginn unserer Bekanntschaft erinnere ich mich nicht mehr. Die letzten Jagdhunde, die in meiner Erinnerung noch präsent sind, hießen Tyson (wie der Boxer) und Maja (wie die Biene).
Am Beginn meiner langjährigen Therapien habe ich zugestimmt, an Tagen zur Therapie eingeteilt zu werden, wo ihn ein oder beide Hunde in die Praxis begleiten würden. An sich mag ich Hunde gerne, könnte mich aber mit dem Umstand nicht anfreunden, deren Hinterlassenschaften aufzusammeln, einzusackerln, mitzunehmen und an passender Stelle zu entsorgen. Deshalb sind die beiden Hunde, die ich bisher verschenkt habe, von Swarovski, überschaubar klein und im Hinblick auf Haltung absolut anspruchslos.
Eines Tages war da Puma, eine Promenadenmischung mit entfernter Ähnlichkeit mit einem Pudel und wie mir M. erzählte, übernommen von seiner Tochter, die gerade für eine Ausbildung abwesend war. Puma schnüffelte an meiner Kleidung, während ich gerade auf der Liege lag und bald darauf hob er das Bein und traf genau mein Hemd. M. borgte mir aus seinen Therapievorratsbeständen ein T-Shirt. Wir haben zwar nicht die gleiche Konfektionsgröße, aber mein Hirter- und Murauer-Muskel hat gerade noch hineingepasst.
Einige Jahre später kam, wieder ĂĽber den Umweg ĂĽber seine Tochter, ein neuer Hund zu und mit ihm. Die Rasse, erfuhr ich, hieĂź „Bolonka zwetna“, der Hund war gerade einmal dreiĂźig Zentimeter lang und hörte auf den Namen „Killer“. Als dieser Jahre später in den Hundehimmel ĂĽbersiedelte, hieĂź der Nachfolger aus der gleichen Rasse und etwa gleich respektgebietend groĂź „Herkules“.
Bei meinem ersten Termin im heurigen April habe ich mich für einige Wochen abgemeldet. In dieser Zeit sollten die vom grauen Star getrübten Linsen in meinen Augen gegen künstliche mit besserem Durchblick getauscht werden. Als wir gemeinsam den Termin gesucht haben, an dem ich zur nächsten Therapie wieder erscheinen könnte, hat M. gemeint, dass ich dann ja auch gleich Weihnachtskekse mitbringen könnte.
*) Definition: „Schwer bewaffneter Alkoholiker, auf dem Weg ins Wirtshaus und gerade im Wald.“
Bild: gettyimages
© Walter Lepuschitz 2022-05-03