Ausgerechnet Bananen

Story

„Ausgerechnet Bananen, Bananen, verlangt sie von mir. Nicht Erbsen, nicht Bohnen, auch keine Melonen. Das ist ein Schikan‘ von ihr. …Nein, ausgerechnet Bananen, Bananen verlangt sie von mir“.

So reimte Fritz Löhner-Beda und löste eine Hysterie nach dem gelben Früchtchen aus. 1922 hatte ihm ein amerikanischer Agent den Hit „Yes! We have no Bananas!“ geschickt mit der Bitte, die Lyrics ins Deutsche zu übertragen. Das Original von Frank Silver (Musik) und Irving Cohn (Text) stammte aus einer Brodway-Revue. Darin beklagt ein griechischer Obstverkäufer, der die englische Verneinung nicht beherrscht, das Fehlen von Bananen. Der Song wurde ein Hit, als wegen Ernteausfällen in den USA die krummen Dinger tatsächlich knapp wurden.

Löhners Geliebte Friedl Weiß, Sängerin und späterer Star im Kabarett „Hölle”, meinte erstaunt, als sie den Text sah: „Ausgerechnet Bananen?“ Schon war der Titel gefunden. Ein Titel, der es sogar in den Duden der Zitate als Ausruf der Enttäuschung über ein unerwünschtes Ereignis geschafft hat. Die sehr freie, frivole Adaptierung, die von allen namhaften Tanzkapellen und den Comedian Harmonists auf Platte aufgenommen wurde, spielte Millionen ein. Fairerweise beteiligte Löhner Weiß an den Tantiemen, auch wenn die Beziehung auseinanderging.

Fritz Löhner-Beda war einer der genialsten Texter der 1920er und 1930er Jahre. Als Sohn eines jüdischen Kaufmanns am 24. Juni 1883 in Wildenschwert (heute: Tschechien) geboren, studierte Fritz Löhner in Wien Jus, ehe er sich für die leichte Muse entschied. Beda, die tschechische Form von Fritz, war sein Pseudonym, was später zu dem Doppelnamen führte. Der Textdichter und Librettist machte eine beispiellose Karriere. Von ihm stammen die witzigsten Gassenhauer („Was machst du mit dem Knie, lieber Hans“, “In der Bar zum Krokodil”), die seufzerlösendsten Wienerlieder („Drunt in der Lobau“) und für die schönsten Operettenarien.(„Dein ist mein ganzes Herz“).

Dass Löhner-Beda die drohende politische Veränderung ignorierte, so nannte er Hitler er großmäulig und lautstark den Tapezierer, erwies sich als fataler Fehler. Als die Nazis in Österreich an die Macht kamen, rieten ihm seine Freunde zur Flucht. Doch er blieb. Löhner-Beda kam am 1. April 1938 mit dem sogenannten 1. Prominenten-Transport ins KZ Dachau, dann nach Buchenwald und Auschwitz. Mit dem ebenfalls inhaftierten Klavierhumoristen Hermann Leopoldi („Schön ist so ein Ringelspiel“) schrieb er im KZ den Buchenwald-Marsch, von dem er sagte, es wäre sein wichtigstes Lied gewesen. Es endet mit dem Satz: „Denn einmal kommt der Tag, dann sind wir frei.“

Seine Hoffnung, in Franz Lehár einen Fürsprecher bei Hitler zu finden, erfüllte sich nicht. Am 4. Dezember 1942 wurde Fritz Löhner-Beda von einem kriminellen Mithäftling erschlagen.

© 2020-11-18

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