Wer schrieb “Merci cherie”?

Story

So kann man sich täuschen! Die BILD-Zeitung titelte 1966 vor dem „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ in Luxemburg: „Udo Jürgens mit ‚Merci Chérie‘ chancenlos“. Und die deutschen Juroren rückten in der Tat keinen einzigen der fünf möglichen Punkte für ihn heraus. Am Ende hatte aber Udo die Nase vorn und er bedankte sich freudestrahlend mit einem “Merci Jury!” Ganz Österreich war aus dem Häuschen. Es war nicht nur der erste Titel, den Udo Jürgens errang (1964 und 1965 war er gescheitert), sondern der erste Grand-Prix für Österreich überhaupt. Und es sollte wieder 50 Jahre dauern, bis Conchita Wurst mit “Rise like a Phoenix“ erneut den Sieg in die Alpenrepublik holte.

„Merci, merci, merci für die Stunden, Chérie, Chérie, Chérie. Uns’re Liebe war schön, so schön. Merci, Chérie. Sei nicht traurig, muss ich auch von dir gehen…“ Das Chanson wurde ein Millionen-Hit in aller Welt und zählt auch heute noch zu den meistverkauften Singles Deutschlands. Die Melodie stammt von Udo Jürgens, den Text schrieb Thomas “Tommy” Hörbiger.

Thomas Hörbiger, geboren am 11. Juli 1931 in Berlin, kam aus einer legendären österreichischen Schauspieler-Dynastie. Er war der Sohn von Paul Hörbiger, Neffe von Attila Hörbiger und Paula Wessely und Vater von Mavie Hörbiger, Göttin und Teufelin der Salzburger Festspiele 2021. Heimatfilme wie “Kaiserball”, “Lügen haben hübsche Beine” und “Die Winzerin von Langenlois” waren das Genre, in dem der junge Hörbiger sein Talent erprobte. Da es nach eigenen Aussagen für eine große Karriere, wie sie sein Freund Joachim Fuchsberger machte, nicht ausreichte, hängte er die Schauspielerei an den Nagel und stieg in die Nachtclub-Szene ein. Ob ihn das Ende eines langen Arbeitstages zu “Und immer wieder geht die Sonne auf” inspiriert hat?

Udo war ein begnadeter Komponist. Aber beim Texten musste er sich meist auf andere verlassen. So wie in den frühen Jahren auf seinen Freund Tommy. Als er in Schwabing bei einer Ampel ein junges, blondes Mädchen – das Beuteschema, das er fast bis ins hohe Alter bevorzugte – sah, das er wieder aus den Augen verlor, ehe er es ansprechen konnte, fasste Hörbiger die Schockverliebtheit in Worte. Daraus entstand ”Siebzehn Jahr, blondes Haar“. Nach diesem Hit blieb ihm nicht mehr viel Zeit zum Texten. Hörbiger hatte mit Niki Czernin und Alfi Windisch-Grätz 1959 im St. Annahof in Wien den Playboy-Club, eine der 1. Diskotheken der Stadt, gegründet, der – später in “Take Five” umbenannt – ein legendärer Schickeria-Treffpunkt wurde. Auch in München und in Kitzbühel eröffnete er eine gleichnamige Nobel-Disco. In den 1980er Jahren zog sich der Nachtclub-König aus der Szene zurück und betrieb mit seiner Frau Gaby ein gemütliches Hotel in Augsburg.

Die Wege des Erfolgs-Duos Jürgens/Hörbiger waren im Laufe des Lebens auseinandergedriftet. Aber als Hörbiger am 24. Mai 2011 starb, ließ es sich Udo Jürgens nicht nehmen, seinem Freund im Alten Peter in München ein letztes Mal “Merci” zu sagen.

© 2021-07-29

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