Fernweh und Meer, Sehnsucht und Liebe – das waren in den 1960er Jahren die sicheren Zutaten für einen erfolgreichen Schlager. Aber dass ausgerechnet „Seemann“, gesungen von Lolita, ein Riesenhit wurde, der es sogar in englischer Übersetzung in die amerikanischen Hitparaden schaffte, überraschte dann doch alle Beteiligten. Die Textdichterin Fini Busch und der Komponist Werner Scharfenberger bekamen 1960 den Auftrag, auf die Schnelle für Lolita ein Lied zu schreiben als B-Seite einer Schallplatte. Die A-Seite war fertig, sie hieß “La Luna” und der Produzent sagte: “Schreibt’s irgendwas hinten drauf, völlig wurscht was.” Er wollte die Platte möglichst rasch herausbringen. “Seemann” wurde ein Hit, von “La Luna” hat man nie wieder was gehört.
Josefine “Fini” Busch, geboren am 18. Februar 1928 in München, fand 1945 aufgrund ihrer exzellenten Englischkenntnisse eine Anstellung bei Radio München, dem Vorläufer des BR. Ihr Talent als Textdichterin entdeckte sie zufällig. Der Rundfunk suchte ein Gute-Nacht-Lied. Auf Anraten ihres Chefs reichte sie das anonymisierte Lied ein, das dann von einer Jury ausgewählt wurde.
Das war der Beginn ihrer Karriere als Textdichterin. Fini Busch war nicht nur die Jüngste in der Riege, sie war damals auch die einzige Frau und verwendete oft männliche Pseudonyme wie Harry Sixt, Walter Kartis und Karl Kiesinger. Eine Vorschrift, dass nur fünf Lieder pro Woche gespielt werden durften, die von einem Rundfunkangestellten stammten, brachten die Hitschreiberin und den Programmdirektor Hanns Huber – er und Fini waren mittlerweile ein Ehepaar – in Turbulenzen. So verließ sie 1953 den Sender, um sich ganz dem Schreiben zu widmen.
1500 Lieder sind es geworden. Hier eine kleine Auswahl: fĂĽr Franzl Lang „SchĂĽtzenliesl“, der erste Hit auf dem Oktoberfest, den sie mit Fred Rauch verfasste , fĂĽr Peter Kraus „Sugar Baby“ und “Va bene”, fĂĽr Connie Francis „Napoli“, fĂĽr Ted Herold „Moonlight“ und fĂĽr Fred Bertelsmann „Bleib so, wie du bist“. Mit “Ein Schiff wird kommen” gelang Fini Busch der zweite groĂźe Wurf. Das Lied stammt aus dem griechischen Film “Sonntags … nie!” und wurde im Original von Melina Mercouri gesungen. Im Deutschen wurde der Text entschärft, indem das Hafenmädchen aus Piräus nicht auf Freier wartet, sondern auf die groĂźe Liebe. Ein kleiner Kniff, um die deutschen GemĂĽter nicht zu verschrecken. Am 9. September 1960 kam der Film in die deutschen Kinos, zwei Tage später stand die Sängerin Lale Andersen in Köln im Tonstudio, um die deutsche Version aufzunehmen. Bereits wenige Wochen später war das Lied die Nummer 1 der Hitparade. Ăśber eine Million Singles wurden gekauft.
An Ideen für neue Texte hätte es Fini Busch auch in den späten Jahren nicht gemangelt, aber die Musik entsprach nicht mehr ihrem Geschmack. So ließ sie es lieber bleiben. Sie starb am 2. November 2001 in München. Ihre Tochter Gabriele Misch, Schauspielerin und Sängerin, hält in Konzerten die Erinnerung an ihre Mutter wach.
© 2021-07-22