von kurzgeschrieben
Was esse ich morgen? Was mache ich morgen? Wo bin ich morgen? Welche To Do’s muss ich morgen noch erledigen? Wie sieht mein „morgen“ eigentlich aus? Im „morgen“ zu sein ist leicht. Genauso wie im „übermorgen“ oder im „über-übermorgen“ zu sein keine große Herausforderung ist. Es ist leicht sich in Plänen und Gedanken über die Zukunft zu verlieren. Doch welchen Sinn hat es immer über „morgen“ zu grübeln, wenn das „heute“ verloren geht.
Ich hatte klare Pläne. Für mein Leben, meine Zukunft – für mein „morgen“. Meine Pläne waren gut – durchdacht, organisiert und strukturiert. Eben das perfekte „morgen“. Doch wo blieb mein „heute“? Ich tat nichts für mein „heute“. Ich rannte von Termin zu Termin, um mich best möglich auf mein „morgen“ vorzubereiten. Ich schlief wenig, da das „morgen“ immer schneller vor der Tür stand als ich es erwartet hatte. Selbst während meinen Ruhephasen beschlich mich immer das Gefühl etwas wichtiges für „morgen“ vergessen zu haben.
Wir leben in einer Welt in der es wichtig ist an das „morgen“ zu denken. Wir müssen darauf vorbereitet sein, wenn wir erfolgreich sein wollen. Wir müssen ein klares Bild vor unserem inneren Auge haben über das „morgen“. Und wenn wir dieses klare Bild verlieren, fühlen wir uns schwach. Wir fühlen uns nutzlos und ohne Ziel, ohne Plan – eben ohne „morgen“.
Ein „morgen“ zu haben ist wichtig. Wir brauchen Ziele in unserem Leben, wir brauchen etwas, was uns antreibt. Doch es müssen unsere Ziele sein, unser Antrieb, unsere Leidenschaft, die wir in das „morgen“ bringen wollen. Und nicht etwas, von dem wir denken, dass es unser „morgen“ sein sollte. Denn wenn wir unser „morgen“ dann erreicht haben sollten, werden wir schnell nach einem neuen „morgen“ suchen. Und wieder nach einem neuen. Und wieder nach einem neuen. Bis es eines Tages kein „morgen“ mehr gibt.
Als ich merkte, dass ich mein „morgen“ gar nicht erreichen wollte und mir auch mein „heute“ keine Freude mehr bereitete, ging ich zurück ins „gestern“. Was hat mir „gestern“ Antrieb gegeben? Was hat mich „gestern“ mit Leidenschaft erfüllt? Wohin wollte ich „gestern“ gehen?
Ich habe immer noch kein „morgen“ das mich zufriedenstellt. Ich habe auch kein klares „morgen“, mit dem ich etwas anfangen könnte. Mein „morgen“ ist verschwommen. Es ist unklar und unscharf und es ist noch im Entstehen. Und das ist okay. Denn ich brauche nicht heute ein „morgen“. Ich brauche auch nicht zwingend morgen ein „morgen“. Was ich brauche ist Zeit. Zeit hilft mir mich wieder auf die Dinge in meinem Leben zu besinnen, die mir dieses „morgen“ eines Tages wieder geben könnten. Zeit gibt mir Leidenschaft. Zeit gibt mir Freundschaften. Zeit gibt mir Familie. Zeit gibt mir Ruhe.
Wenn ich mir nur ein wenig Zeit nehme, sie ein kleines bisschen langsamer stelle, als sie bisher war, dann weiß ich, dass ich nicht mehr zurückschrecken muss vor dem „morgen“. Weil mein „morgen“ dann mein „heute“ sein wird.
© kurzgeschrieben 2019-12-19