Yellow

Beate Schilcher

von Beate Schilcher

Story
Great Britain & The World

… ist in zwei Sekunden erledigt. Denn über die britische Band Coldplay ist alles geschrieben, und über die Farbe vermutlich auch.

Trotzdem. Warum? Warum die warme Farbe zum kalten Spiel? Der Slangausdruck „to coldplay“ bedeutet „jemanden nicht nett behandeln“. Und dann kommt dieses zarte gelbe Liebeslied daher: Look at the stars / Look how they shine for you / And everything you do / Yeah, they were all yellow. Wo doch Schweinchenrosa bis Herzschmerz-Blau die gängige Farbpalette fĂĽr Love Songs ist. I came along / I wrote a song for you / And all the things you do / And it was called Yellow. … Daherkommen, ein gelbes Lied komponieren, und dann ins Wasser springen: I swam across / I jumped across for you / Oh, what a thing to do / ‚Cause you were all yellow. – Eigentlich nichts Neues. Gelb war lange vor Coldplay eine beliebte Song-Farbe, vom U-Boot bis zur aufmunternden Baumdekoration: Mellow Yellow (Donovan,1966); Yellow Submarine (Beatles, 1966); Tie a Yellow Ribbon Around The Ole Oak Tree (Dawn/Orlando, 1972); Yellow Brick Road (Elton John, 1973) und viele mehr.

Laut Entstehungslegende ist Yellow von einer Sternennacht inspiriert. Beim Basteln der Lyrics sollen Lead Sänger Chris Martin die Yellow Pages (= das Branchen-Telefonbuch) in die Hände gefallen sein … Yellow erschien passend, trug aber keine Bedeutung. Martin will lange nach einem Ersatzwort gesucht, jedoch keines gefunden haben. So blieb das Gelb. Nicht als Farbe, sondern als Stimmung: Your skin, oh yeah, your skin and bones / Turn into something beautiful. Gelb: die freundliche Farbe, die das TrĂĽbe verscheucht. And you know, you know I love you so … Wem das Lied gewidmet ist? Chris Martin lässt es offen. Es sei „fĂĽr alle Frauen“. Das ist praktisch. Muss er sich keinen Namen merken. So then I took my turn / Oh, what a thing to have done / And it was all yellow. Die lichte Farbe der Expansion macht wach und lässt Entscheidungen treffen: I drew a line / I drew a line for you / Oh, what a thing to do / And it was all yellow.

Den gruseligen, „zum Ausbluten“ schönen Teil: And you know, for you, I’d bleed myself dry … verstehen die wenigsten, aber in Songs sind Worte zweitrangig – wie alle wissen, die Penny Lane fĂĽr eine Frau gehalten haben. Was die Musik nicht in Seele und Gehirn einpflanzt, werden Worte nicht hineinzwängen. Im Idealfall amalgamieren beide zum ĂĽberzeugenden OhrgewĂĽrm, und das ist bei Yellow der Fall, sonst wäre der Song (im DebĂĽtalbum „Parachutes“ von 2000) wohl kaum Coldplays erster Top-Five-Hit in GroĂźbritannien und ihr internationaler Durchbruch geworden. It’s true / Look how they shine for you …

Übrigens: Bevor Coldplay Coldplay wurde, hat sich die Band Starfish genannt. Immerhin ein (See)Stern, und nicht von ungefähr. Schöpfen doch die Bandmitglieder nicht nur aus dem Telefonbuch, sondern auch aus ihren bunten Studienrichtungen: Alte Geschichte (Chris Martin), Mathematik, Astrophysik, Astronomie (Jonny Buckland), Anthropologie (Will Champion) und Architektur (Guy Berryman). Da kommt einiges zusammen. Falls uns also die nächste Unwetter-Front ins kollektive Yellow Submarine (Arche Noah, KI-Style) flüchten lässt, besteht immer noch Hoffnung, solange Musik mit Bildungsauftrag an Bord ist. Motto: Wenn schon Sintflut, dann mit Coldplay.

© Beate Schilcher 2024-09-23

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Anthologien
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Emotional, Informativ, Inspirierend, Mysteriös, Reflektierend
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