Zefix halleluja!

Story

Raum ist in der kleinsten Hütte. Das war – frei nach Friedrich Schiller – das Motto im Brechelbad: auf Tuchfühlung gehen, körperliche Nähe spüren. Ganz altmodisch analog. „Geh weida, ruck a bissl, des geht scho nu!“ Noch ehe man bereitwillig sein Hinterteil leicht angehoben und neu platziert hatte, war man schon mitten im Gespräch. Das machte die Atmosphäre im Brechelbad aus.

Dann kam Corona. Nichts ging mehr. Kulturelles Versammlungsverbot, künstlerische Durststrecke bis in den Herbst. Imaginäre Baby-Elefanten als neue Maßeinheit. Hausarrest statt literarisch-musikalisches Frühlingserwachen mit Seeblick. Das tat weh!

Dabei hatten wir uns alles so schön vorgestellt. Matthias Hemetsberger, langjähriger Bürgermeister von Seeham, hatte im September 2000 das Brechelbad nach der Revitalisierung offiziell als Flachsmuseum eröffnet. Nun sollte er, der pensionierte Gymnasialdirektor, Germanist und Hobby-Literat, im Jubiläumsjahr mit seinen Gedichten und Texten den Frühling einläuten. Er war sichtlich erfreut über diese Einladung und machte sich gleich an die Arbeit. „Frühling in uns und um uns“ – bei diesem Thema war Hemetsberger in seinem Element. Doch dann kam Corona. Die Manuskripte blieben ungelesen in der Lade und das Alphorn von Fritz Mosshammer, seinem musikalischen Begleiter, in … Wo verstaut man eigentlich so ein Riesending?

Auf den Klang des Alphorns wären wir alle gespannt gewesen. Fritz Mosshammer zählt international zu den Besten seiner Zunft, und der Wald, der die Talsohle des Webersbergs säumt, hatte sich schon einmal als fantastische Echowand bewährt. Das ist acht Jahre her. Damals hielt der Schauspieler Hansi Anzenberger aus dem oberbayrischen Haag, der von der Statur her zweifelsfrei als Karl Valentin-Double durchgehen könnte, eine Lesung. Hansi – „I bin a hagerer Haager“- hatte seine Ausbildung am Schauspielhaus Salzburg gemacht und ist jetzt als freier Schauspieler zwischen München und Hamburg unterwegs.

An seiner Seite war Christine Steiner von der Haunsberg Musi, die ihn auf der Ziach begleitete. „…luja sogi, zefix halleluja!“ Unter diesem Titel las Hansi bayrische Geschichten. Darunter war auch „Ein Münchner im Himmel“ von Ludwig Thoma, die Geschichte vom Dienstmann Aloisius Hingerl, der, weil vom Schlage getroffen, nun als Engel auf einer Wolke sitzt und stundenlang frohlocken muss. Da er aber statt einer zünftigen Maß Bier nur Manna bekommt, will ihm der Lobgesang nicht so recht über die trockenen Lippen und er schreit widerwillig (Leonard Cohen-Fans, bitte weghören!) „..luja sogi, zefix halleluja“ durch den Äther. Diese Textstelle interpretierte Hansi mit solcher Inbrunst, dass der Wald zum freudigen Erstaunen des Publikums Aloisius’ Geplärre als Echo zurückschickte.

„Zefix halleluja!“ Passt das nicht auch irgendwie zum Frühling 2020?

© 2020-04-23

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