Heute tanzen wir ihn wieder. Diesen Tanz der absurden Banalitäten des Alltags. Lächerliche Probleme, die eng umschlungen und feurig wirbelnd miteinander die Hüfte schwingen. Manchmal hat der Tanz eine faszinierende Ausstrahlung. Wirkt so fließend, weil so oft geübt.
Eigentlich ein schwerer Tanz, doch wir lieben ihn und tanzen ihn alle. Meist täglich. Daher sind wir gut darin. Banalitäten-Tango-Meister. Der Hüftschwung sitzt.
Die Bewegungen sehen so aus, als sollten sie so sein. Doch ist es wirklich so? Würde uns ein wenig weniger Drama und Feuer rund um Belanglosigkeiten nicht mehr inneres Feuer und Leidenschaft für Wichtigeres zurückgeben?
Heute ist einer dieser Tage. Der Tango beginnt schon am frühen Morgen.
Der Wecker klingelt, Murphys Gesetz schlägt zu, der Föhn kaputt, die Milch leer. Meine Laune entsprechend mäßig. Kaffee am Morgen ohne Milch geht gar nicht. Die Heizung im Auto wird nicht warm. Dreckige Scheiben, doch aus den Düsen kommt nur ein erbärmlich kleiner Spritzer Wischwasser. Die Scheibenwischer, wie zwei kleine Helden, wischen eifrig die Schlieren auf der Scheibe in gleichmäßigem Rhythmus von einer Seite auf die andere. Kühlwasser und Wischwasser offenbar beides leer. Regen setzt ein. Zumindest sorgt er für halbwegs klare Sicht auf den Scheiben. Ich friere. Dem Hundehaufen auf dem Weg zum Auto konnte ich gerade noch ausweichen. Mein bisheriges Highlight.
Angekommen im Büro die üblichen Miesepeter, die schon am Montag den Freitag kaum abwarten können. Smalltalk in der Kaffeeküche über wirklich wichtige Themen, die die Welt bewegen. Warum der Kollege aus der anderen Abteilung noch nicht geantwortet hat, die neue Frisur der Chefin, Medien-News rauf und runter diskutiert. Aufregung pur. Der Tango in vollem Gange.
Da gönn ich mir doch lieber erstmal meinen Kaffee, mit Milch. Doch Pustekuchen. Milch im Büro ist zwar nicht aus, doch der letzte Rest aus der Packung läuft gerade in schlotzigen Fäden in meinen frisch aufgebrühten Kaffee und der Geruch bringt mich zum Würgen. Koffeinentzug für den Rest des Tages.
Meeting-Marathon. Viel Gerede, wenig Ergebnisse. Ich gähne. Unvorbereitet sitze ich in der nächsten Besprechung. Nach zehn Minuten muss ich dringend Pipi, der Termin geht noch quälend lange 80 Minuten. Ich werde unruhig. Vielleicht gut, dass nicht auch noch Kaffee im Spiel ist und meinen Harndrang erhöht.
Das Meeting ist endlich vorbei, gedanklich bin ich schon seit 79 Minuten nicht mehr bei der Sache. Verpasst habe ich scheinbar nichts. Ab aufs Klo. Endlich Erleichterung. Doch die Freude währt nur kurz. Rolle leer, kein Ersatz.
Heute mache ich mit, beim Banalitäten-Tango. Morgen lerne ich einen neuen Tanz. Versprochen.
© DailyPhilosopher 2024-02-26