Das Buch „Brida“ von Paulo Coelho ist ziemlich ungewöhnlich für unsere moderne Wissensgesellschaft. Die Geschichte erzählt von einer jungen Frau, die magische Kräfte besitzt und den Sinn ihres Lebens gerade entdeckt. Ich bekam das Buch von meinem Vater, er sagte zu mir: „Du bist wie Brida, das ist dein Buch.“
Ich habe es erst gelesen, als ich nach Wien umgesiedelt bin. Ich war 18 Jahre alt und voller Hoffnung. Ich hoffte auf eine bessere Zukunft, eine Zukunft, die ich mir in meiner Heimat nicht leisten konnte. Ich musste mich praktisch neu erfinden in einem fremden Land. Ich war beängstigt und ahnungslos. Das Werk las sich schnell. Wie überlebt man eine Nacht im Wald? Wie überwindet man die eigene Vergangenheit? Wie findet man sich selbst? Antworten bekommt man von Brida. Aber es geht um mehr als nur um den Menschen. Es geht um unsere Beziehung zum Universum und wie wir miteinander kommunizieren können. Mithilfe der Magie? Der moderne Mensch kann mit dem Universum fast nichts anfangen.
Erst jetzt verstehe ich, was mein Vater mir damals sagen wollte. Er wollte mir erklären, wie er mich sieht. In den ersten Jahren meines Aufenthalts in Österreich trug ich tatsächlich eine Art Magie mit mir herum, und zwar ein Vertrauen in meine Fähigkeiten und die Hoffnung auf ein besseres Leben. Mein Vater hatte auch viel Vertrauen in mich, er betonte immer, dass ich außergewöhnliche Kräfte habe, wie eine Magierin. Dieses Buch hat mir rückblickend viel geholfen. Es hat mir die Zuversicht gegeben, dass ich die Herausforderungen, die auf mich zukommen, schaffen kann, egal wie komisch mein Weg für andere erscheinen mag. Aber ich musste die innere Hexe dafür einsetzen. Die Hexe ist ein negativ behaftetes Wort. Sie ist mächtig und wer sagt, dass sie böse sein muss? Nur die Märchen des Westens. Die innere Macht, die kampfbereit ist, aktivieren wir sehr selten. Wichtige Erkenntnisse müssen jedoch erkämpft werden. Brida erzählt diese Geschichte. Ihr Beispiel zeigt, wie man an sich selbst glauben soll und wie man die innere mächtige Frau sprechen lässt. Das Buch ist unter anderem ein Lob an die feministische Perspektive.
Brida ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Charakter. Sie möchte magische Praktiken erlernen. Sie sucht nach Antworten auf die großen Fragen des Lebens in der Welt der Magie. Ich fand es sehr interessant, dass sich Brida für diesen Weg entscheidet. Sie passt nicht in unsere moderne Gesellschaft und gleichzeitig ist sie ultramodern. Sie wird zu einer mächtigen, selbstbestimmten Frau am Ende der Geschichte. Sie versteht aber die Welt anders. Sie wirkt für ihre Mitmenschen womöglich schräg, und dennoch findet sie die Liebe, die sie gesucht hat und die Menschen, die sie verstehen. Brida ist vielleicht ein extremes Beispiel, aber viele von uns fühlen sich einsam in der heutigen Gesellschaft. Dieses Buch zeigt, dass, egal wer du bist, du dein Glück finden kannst, wenn du es wagst, an dich selbst zu glauben.
© Kamélia Bancsov 2021-11-03