Erst vor kurzem erzählte mir mein Schwiegervater beim Nachmittagskaffee in seinem gemütlichen Wintergarten, dass er sich als Bub am Karsamstag zeitig in der Früh vor 88 Jahren in Puch bei Weiz mit einer Blechdose und getrockneten Schwämmen auf den Weg zur Kirche machte, um an der Feuerweihe teilzunehmen. Mit diesem Feuer wurden Holzschwämme in den Blechdosen zum Glimmen gebracht. Dabei handelte es sich meistens um einen einfachen Baumschwamm, der vor allem bei Buchen vorkommt. Er wurde in früheren Zeiten auch als Zunder bezeichnet, weil er als Anzündehilfe diente. Noch heute versteht man unter „Zunder“ ein leicht entflammbares Material. Die Redensart: „Jemandem Zunder geben!“, existiert immer noch und bedeutet, jemanden heftig kritisieren oder auch laut schimpfen.
Die Kinder schwangen diese mit einem Henkel ausgestatteten Gefäße durch die Luft, erzeugten auf diese Weise viel Rauch, sodass die Schwämme nicht verbrannten und zogen anschließend von Bauernhaus zu Bauernhaus.
In der damaligen Zeit durfte das Herdfeuer in der Küche niemals ausgehen, nur am Karfreitag gab es im Gedenken an die Kreuzigung von Jesus Christus keine Flamme im Ofen. Ein Teil des glosenden Schwammes wurde dann mit dem Palmbuschen vom Vorjahr in den Herd gegeben, um dann am Ostersamstag das Osterfleisch zu kochen oder das Osterbrot zu backen. Auch der Stall wurde ausgeräuchert, damit die Tiere vor Seuchen geschützt werden. Während dieses Vorganges sagten die Kinder einen Segensspruch auf, der folgendermaßen lautete:
„Wir bringen euch auch heuer das heilige Feuer. Segen und Leben wird Christus euch geben!“ Dann wünschten sie dem Bauern und seiner Familie „Frohe Ostern“ und bekamen als Belohnung Ostereier oder andere Kleinigkeiten, Geld gab es zur damaligen Zeit nicht, denn die Bauern waren arm.
Bereits Peter Rosegger erzählte 1870 in „Ostern in der Obersteier“ von diesem Brauch. Da hieß es: Der Totengräber machte nämlich auf dem Friedhof aus kaputten Grabkreuzen oder halbverwesten Sargbrettern ein Feuer an, welches der Pfarrer weiht. Nach dem Gottesdienst eilte von jedem Hof ein Bub und nahm ein brennendes oder glühendes Stück Holz aus diesem Feuer und gab es in eine Pfanne. Damit eilte er dann zu seinem Hof, um im Herd das Feuer zu entfachen. Ganz schlimm war es, wenn ihm unterwegs das Feuer auslosch, denn dann starb jemand im Laufe des Jahres in diesem Hause.
Dieser Brauch des Weihfeuertragens hat seine Wurzel in der katholischen Liturgie. Schon am frühen Morgen wird auch heute das Feuer vom Priester vor der Kirche gesegnet und anschließend in die Blechdosen der Kinder gefüllt. Das Segenszeichen Feuer steht für Licht, Wärme und neues Leben und damit für die Auferstehung. Auch die Osterkerze in der Kirche wird mit diesem Licht entzündet. Wenn die Kinder heute von Haus zu Haus ziehen, bekommen sie meistens ein kleines Taschengeld. Ich finde, dass das Weihfeuertragen noch heute ein alter, wunderschöner Brauch ist, der Glück und Segen in die Häuser bringt!
© Christine Büttner 2025-04-21