Dein Wunsch, mein Wunsch

Rebecca Baumlock

by Rebecca Baumlock

Story

Meine beste Freundin. Sie war lustig, die beste Freundin, die man haben konnte. Ich verbrachte viel Zeit mit ihr, auch, wenn ich sie dafür oft im Krankenhaus besuchen musste. Sie war verrückt, aufgedreht, lustig, immer mit einem Lächeln auf den Lippen, obwohl sie krank war. Todkrank.

Und sie hatte einen Freund. Die hatten sich in der Schule kennengelernt, waren aber bis jetzt zusammen. Sie liebten sich und ich wusste, dass es für die Beiden schwer war, dieses miese Schicksal zu akzeptieren. Ich seufzte, als ich wieder bei ihr im Krankenhaus war und mit auf den Hocker neben ihr Bett setzte. „Wie geht es dir?“, murmelte ich. „Wie immer. Hier und da ein paar Schmerzen, aber sonst super“, sprach sie in fröhlichem Ton. Ich bewunderte sie wirklich dafür, dass sie sich so gut Aufrechterhalten konnte. Doch ich wusste, dass ihr Zustand sich drastisch verschlechterte. „Ich habe eine Bitte an dich. Du und mein Freund. Ihr versteht euch gut und wir wissen beide, dass ich bald sterben werde“, fing sie eines Tages an. Ich wollte ihr sofort widersprechen, da es mir nicht gefiel, dass sie ihre Hoffnungen direkt zerschlug. Sie hob die Hand, zeigte mir damit, Einhalt zu gebieten, sie weitersprechen zu lassen. Na gut. „Ich will nicht, dass er so viel leidet. Ich will das für keinen von euch beiden. Ihr sollte beide glücklich werden und ihr kennt euch doch schon so lange. Bitte“, flehte sie. Was wollte sie denn? „Bitte komme mit ihm zusammen. Ich weiß, es klingt absurd, aber tu es doch für mich“, flehte sie und ich sah sie erschrocken an. Nun hatte sie aber wirklich eine Schraube locker. „Auf keinen Fall“, antwortete ich. Und sie wusste auch genau, dass ich schon mein ganzes Leben lang Einzelgängerin war, dass ich keine Beziehungen einging. Ich hatte einfach kein Interesse. Und nun verlangte sie das? Unmöglich! Ich schüttelte den Kopf. „Weißt du, wie verrückt das ist? Er ist dein Freund! Und du redest schon so, als wärst du tot. Außerdem liebt er dich, nicht mich!“, rief ich und versuchte mich zusammenzureißen. Ich wollte schließlich nicht zu laut werden und sie anschreien. „Bitte. Es wird ihm guttun, wenn er dich als Gesellschaft hat. Ich liebe ihn, aber ich will das Beste für euch beide nach meinem Tod. Tu mir doch den Gefallen“, hustete sie. Auch wenn sie meine beste Freundin war, auch wenn es ihr Wunsch als todkranke Person war, das konnte ich einfach nicht tun. „Dann versprich mir wenigstens, dass ihr Beiden euch trefft, in Kontakt bleibt. Gute Freunde, ja?“, erwiderte sie lächelnd und ich überlegte. Dann nickte ich. Das war in Ordnung, um Längen besser als ihr erster Vorschlag. „Aber so lange du nicht gestorben bist, ist nichts entschieden, klar? Also hör auf über deinen Tod zu sprechen und alles vorauszuplanen“, rief ich säuerlich und sie nickte entschuldigend.

Leider starb sie dann doch ein Jahr später, doch ich blieb mit ihrem Freund in Kontakt, wie versprochen. Wir trafen uns, redeten viel und spürten dasselbe. Unsere Trauer verband uns. Wir waren uns ähnlicher als wir dachten, aber wir waren beide nicht über unsere Freundin hinweg. Es war eine Wunde, die brauchte, um zu heilen, die wehtat. Doch mit der Zeit wurde es besser. Tatsächlich kamen wir uns näher und der letzte, wirkliche Wunsch meiner Freundin ging in Erfüllung, ganz unerwartet. Es war beinahe absurd. Wir hatten uns gefunden.

© Rebecca Baumlock 2024-07-25

Genres
Novels & Stories
Moods
Herausfordernd, Hoffnungsvoll, Reflektierend, Traurig