by Philip
Überwiegend sind im “Schlachtenbildersaal“ im Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen Motive aus dem Spanischen Erbfolgekrieg (1701 bis 1714) dargestellt. In diesem hatte sich Prinz Eugen, wie schon davor in den Türkenkriegen, als Feldherr große Dankbarkeit des Hauses Österreich, der Familie Habsburg, erworben. Viel später residierten lange im Palais die österreichischen Finanzminister. Dieses Ministerium fungiert auch heute noch als Besitzer des Gebäudes. Einer dieser Minister soll nach dem Ersten Weltkrieg ein besonderer Knauserer gewesen sein. Dennoch zwang der Staub und Schmutz der Jahrhunderte auch den Knauserer, einen Restaurator zu beauftragen, die wunderbaren Gemälde von Ignace-Jacques Parrocel zu restaurieren.
Nach bestandener Prüfung für den höheren Finanzdienst führte uns der Herr Sectionchef in diesen Schlachtenbildersaal im Winterpalais. Wir waren alle schwer beeindruckt von diesen riesigen Wandgemälden von verschiedenen Schlachten, die der große Feldherr zum Ruhme Österreichs geführt hatte. Er selbst als Person war ja von kleiner Statur, sonst hätte er ja als Feldherr Frankreichs Berühmtheit erlangt? Kleinen Abgezwickten war aber in Frankreich – zum Glück des Hauses Österreich – eine glänzende Militärkarriere versagt in dieser Zeit. Beim Wandgemälde, das das Schlachtengetümmel von Turin um 1706 (Spanischer Erbfolgekrieg 1701 bis 1714) thematisierte, forderte uns der Herr Sektionschef auf, besonders genau hinzusehen. Wir mühten uns wirklich größtmöglich ab, dieses Wandgemälde auf Systemfehler zu untersuchen. Unser Sektionchef war ja bekannt dafür, von beliebigen Stellen von Goethes Faust rezitieren zu können; da wollten und durften wir uns nicht der Blöße hingeben, uns nicht konzentrieren zu können. Aber vergebens! Erst als unser Historiker einschränkte: Es handelt sich um die Schlacht bei Turin um 1706, zu dieser Zeit gab es noch keine Fahrräder, Meldungen mussten von Meldereitern transportiert werden. Da entdeckten wir den Hochradfahrer, der sich da an Stelle eines Meldereiters abstrampelte. Das entsprechende Schlachtengemälde stellte sich bei unserer Betrachtung allerdings nicht mit einem weißen Kreis um den Radfahrer herum dar. Wie konnte nun der verfrühte Radfahrer in das Wandgemälde kommen, das war hier die Frage; der Künstler selbst konnte es ja nicht gewesen sein; zum einen gab es ja zu dieser Zeit noch keine Fahrräder zum anderen hätte Prinz Eugen von Savoyen als Auftraggeber auch kein Verständnis gehabt für diesen Schabernack.
Blieb also nur der Schluss übrig. Der zur Zeit der Restaurierung der Wandgemälde amtierende Finanzminister musste dem damaligen österreichischen Restaurator das geforderte Honorar nur zum Teil ausbezahlt haben?
Nun die Moral von der Geschicht: Honorarprellerei bei einem Restaurator ist nicht gescheit.
© Philip 2020-12-27