Der Weg

Wenn ich gewusst hätte, welchen Weg wir vor uns haben, hätte ich vielleicht anders gehandelt. Vielleicht hätte ich die Zeichen früher erkannt, hätte mehr auf die Details geachtet oder wäre aufmerksamer gewesen. Möglicherweise hätte ich von Beginn an alles anders gemacht oder wäre früher eingeschritten. Hätte mich nicht so sehr auf mich konzentriert, sondern mehr auf dich geachtet.

Jetzt im Nachhinein betrachtet waren die Zeichen so klar. Deine Reaktionen, dein Handeln, alles hat förmlich danach geschrien, dass ich es verstehe. Dass ich begreife, was du mir sagen willst.

Aber ich war zu egoistisch. Habe nur an mich gedacht, keinen Gedanken an deine Gefühle verschwendet. Ich hatte die Augen geöffnet und war dennoch blind. Ich habe dich verletzt. Mit jedem Satz und jeder Handlung habe ich dir immer und immer wieder einen Dolch ins Herz gestoßen und nicht bemerkt, wie du dabei verblutest. Wie du stumm um Hilfe gerufen hast, weil du nicht schreien konntest. Wie du ohne Worte versucht hast du kommunizieren, weil ich dir die Luft abgeschnürt habe.

Wir haben zusammen geweint und ich habe doch nur meine Tränen gesehen. Habe nur meine Gefühle versucht zu verstehen und dich ausgeblendet, obwohl du mein Rettungsring warst. Ich habe nicht bemerkt, wie du ertrunken bist, während ich überleben konnte.

Ich habe nicht gesehen, wie du verkümmert bist, während ich durch deine Hilfe gewachsen bin. Du hast mir geholfen, stärker zu werden, aber wir haben nicht bedacht, dass es dich dabei all deine Kraft kostet.

Du hast mir geholfen, eine Mauer einzureißen und mich zu befreien, aber ich habe nicht gemerkt, dass du dich immer weiter verschließt und dich mehr und mehr dabei verloren hast.

Jetzt kenne ich das Ende unserer Reise, aber wenn ich den Weg dahin erahnen hätte können, wäre ich nicht ohne dich davon gerannt, sondern hätte auf dich gewartet. Hätte zu verhindern versucht, dass du dich verirrst.

Aber ich war zu blind, während du schweigend geschrien hast.