by PETER MANDL
Der Stefan Weber und ich, wir lernten uns in zwei verschiedenen, aber korrespondierenden linken Jugendorganisationen kennen. Er war Frontmann einer ehemaligen SchĂŒler-Rockband (Wabbb’s Crew) und auĂerdem talentierter Maler, von Beruf Professor fĂŒr Kunsterziehung in einem Wiener Gymnasium. Er stellte sogar international, in Prag, Sofia, Wien (z.B. Gruftkasperl und andere Unholde) aus.
Im Sommer 1968 fanden wieder einmal die Weltjugendfestspiele, von den Ă€ngstlichen Bourgeois jeweils als kommunistische Verschwörung denunziert, diesmal im bulgarischen Sofia, statt. Ich war schon stolzer Eigner eines baufĂ€lligen R4 (heute wĂŒrde der PrivatverkĂ€ufer sofort im HĂ€fen landen), also nix wie hin.
Der Stefan, der Anatol (ein weiteres Bandmitglied) und ich schaukelten gen Osten, viele Stunden. Mitten in Belgrad schlief ich folgerichtig ein. Wenn der Anatol nicht energisch ins Lenkrad gegriffen hĂ€tte, wĂ€ren die berĂŒhmten Drahdiwaberl (mit Falco, Jazz-Gitti) damals im Himmel gegrĂŒndet worden.
Rumpelnd schafften wir es in die Balkanmetropole Sofia, wo die ach so unterdrĂŒckten dunkelhaarigen MĂ€dchen ĂŒbrigens weit flotter wirkten als ihre blasierten Wiener Pendants.
Unser Quartier war die Luxuswohnung eines mit Stefans Familie bekannten Generals der Volksarmee. Private Vollpension also. Seine beiden wunderschönen, zĂŒchtigen Töchter (17 und19) ĂŒbersetzten uns die FlĂŒche der TischgesprĂ€che, bei denen jeder Leningrader Bierkutscher, jeder Wiener Schlurf der 30er-Jahre erblasst wĂ€re. Es ging vermutlich zu wie bei der Queen of England bzw. Prinz Philip.
Wir trieben uns zwei Wochen in Sofia herum, Stefan hegte seine Ausstellung, dann wurde es trotz Generalstöchtern fad und wir flogen um 92 Schilling in den bekannten Badeort Varna am Schwarzen Meer. Nach einer sandigen Ăbernachtung am Strand RĂŒckflug und wenig spĂ€ter im RostkĂŒbel R4 wieder zurĂŒck an den Donaustrand.
Viele Jahre spĂ€ter, die Kult-Anarcho-Punkrockkapelle Drahdiwaberl war lĂ€ngst berĂŒhmt, war ein Konzert in Meidling plakatiert. Ich war zufĂ€llig auf Mutterbesuch in Wien, also auf und da Kuah noch! Die Jazz-Gitti schĂŒttet Bier, schmeisst Paradeiser und(faule?) Eier ins Publikum, der Stefan röhrt sich das Beuschel aus dem Leib, es ist ein Inferno auf Erden.Und das im zwölften Bezirk!
Pause. Das Bier treibt auch mich zum âFĂŒr kleine Rockerâ. Schon als ich auspacke und dann dem Ottakringer seinen Lauf gönne, fĂŒhle ich mich irgendwie beobachtet. Plötzlich kreischt es rechts von mir: da Mandl! Hat mich das anarchistische Monster doch tatsĂ€chlich an meinem, naja, zweitbesten StĂŒck erkannt?
Wiedersehensfreude! Ich frage, warum der Bassist Hansi (Hölzel, inzwischen einigermaĂen als Falco bekannt), nicht mehr mitspielt. Stefan: mia ham eahm ausseg’haut, weil er nix kaunn!
Stefan und Falco sind leider schon im Musikantenhimmel, den Anatol und mich hat’s werweiĂwohin veweht. . .Schön ist die Ju-hugend in frohen Zeiten. . .
© PETER MANDL 2021-02-12