Schweiß lief mir über Stirn, Brust und Rücken. Vor Anstrengung keuchend, kämpfte ich mich durch die Burpees, einer Mischung aus Strecksprung und Liegestütz, der perfekten Kombi, um am Ende meines 60-minütigen Cardio-Kraft-Trainings auch den letzten Rest (Lebens)-Energie aus meinem ohnehin schon übermüdeten Körper zu pressen. Komm schon! Vor Ablauf der 30 Sekunden ja nicht einknicken. Und dann … die süße Erlösung – nein, noch nicht, Pamela Reifs Mountain Climbers kamen noch – das abwechselnde Hochziehen der Knie aus der hohen Plank, selbstverständlich in rasend schnellem Tempo, genau so, wie Pamela es in ihrem Video vormachte. Aber dann endlich … Pause. Ich lag auf dem Bauch und drückte meine linke Gesichtshälfte fest auf den kühlen Laminatboden, zu erschöpft, um mich neben die Gymnastikmatte aufs Bett zu setzen. Nach respektablen zehn Minuten sah ich mich wieder in der Lage, mich zu bewegen, setzte mich auf und betrachtete stirnrunzelnd meine Hände. Sie waren voller teils verkrusteter, teils nässender Ekzeme, die es mir mittlerweile kaum mehr möglich machten, mich beim Training in die Liegestützposition zu begeben, ohne, dass es brannte und zu jucken anfing. Hallo, Neurodermitis, dachte ich grimmig, lange nicht gesehen. Meine Hautkrankheit grüßte im selben Moment mit intensivem Juckreiz auf den Handinnenflächen zurück. Ich seufzte. Nach einer beschwerlichen, von Juckreiz und Kratzen und Schmerzen geprägten Kindheit war seit meiner Pubertät nichts mehr von den Symptomen der atopischen Dermatitis übrig geblieben. Seit acht Jahren schon genoss ich ein beschwerdefreies Leben, hatte ich schöne Haut. Doch wie bei allen chronischen Krankheiten war es natürlich jederzeit möglich, dass das Biest, das in mir schlummerte, wieder zum Leben erwachte und mich quälte. So wie jetzt. Mir war bis dato nicht klar gewesen, was neben bestimmten Lebensmitteln oder Textilien sonst noch bitteschön für Auslöser existieren konnten, die die Neurodermitis wieder entfachten. Schweiß? Es muss vom Schweiß kommen. Kein Wunder, es war ja auch Sommer. Ich redete mir nun schon seit Wochen ein, dass das Wiederauftauchen der Neurodermitis nichts zu bedeuten hatte, dass die Ekzeme genauso schnell wieder verschwinden würden, wie sie gekommen waren und dass ich deswegen nicht weiter darüber nachdenken musste. Doch wie konnte man die Tatsache ignorieren, dass sich die Ausschläge stetig verschlimmerten, im Wechsel schuppig wurden und dann wieder nässend waren, kurz gesagt: dauerhaft entzündet? Die Entzündung an Fingern und Handinnenflächen erschwerte mir das Leben zu meiner Überraschung sehr – denn, wie ich verärgert feststellen musste, brauchte man die Hände im Alltag ständig. Besteck halten oder etwas mit den Händen umfassen wurde schwierig, Händewaschen unmöglich; es ließ die betroffenen Hautstellen nur noch weiter austrocknen. Und Trockenheit und Juckreiz waren schlimmste Feinde und beste Freunde zugleich. Keine Trockenheit ohne Juckreiz und umgekehrt. Eine einfache Gleichung ließe sich aufstellen: Trockenheit = Juckreiz = Kratzen = Wundsein = Trockenheit = usw. Der Teufelskreis war nicht zu durchbrechen. Nach fünf Monaten des beständig ansteigenden Leidensdrucks ließ ich mir Kortison verschreiben. Vier Wochen später waren meine Hände wie neu. Endlich wieder alles wie vorher! Was ich noch nicht wusste: Die Hände waren nur der Anfang. Und Schweiß war nicht der Auslöser.
© Ivana Vrdoljak 2023-08-27