by gehviky
Sommerferien. Als Schüler eigentlich die beste Zeit im Jahr, kein Unterricht, null Verantwortung, nur Sommer, Sonne, Strand. Traumhaft. Für mich standen in diesem Jahr meine voraussichtlich letzten Ferien an, nach vierzehn Jahren des Schülerdaseins ist doch irgendwann mal finito mit Faulenzen. Der Plan für meine allerletzte Sommerpause war dementsprechend nur auf eine Sache beschränkt: Spaß haben. Aber es kam wie es kommen musste, meine Pläne wurden über den Haufen geschmissen. Anstelle von Sommer, Sonne und Strand bekam ich heuer Stahl, Staub und Sauhitze. Für mich hieß es nämlich zum dritten Mal: Hurra, ab ins Stahlwerk! Der Grund war recht simpel: Von Zuhause ausziehen ist dann doch recht kostenintensiv und zwei Monate bei einem Stahlproduzenten im Werk zu schichtlen brachte ordentlich Cash in die Tash.
4-Schicht Betrieb hieß alle zwei Tage zu einer neuen, völlig irren Zeit aufzustehen. Wach werden um 3:45 Uhr morgens, zwei Tage darauf um 11 Uhr aufstehen, wieder zwei Tage später erst um 7 Uhr morgens ins Bett und nur alle sieben Tage frei haben? Klar! Meiner inneren Uhr standen nach zwei Monaten die Zeiger in alle Richtungen ab und die Zahlen waren auch nicht mehr da, wo sie ursprünglich hingehörten.
Es war Juli, draußen hatte es 33°C und meine Truppe und ich, wir hatten Nachmittagsschicht. Das bedeutete nur eins: schwitzen ohne Ende. In der Halle hatte es – bedingt durch den flüssigen Stahl – im Schnitt immer 55°C. In dieser Zeit wurde ich also einiges gewohnt. Ob es jetzt die Hitze, oder die saublöden Sprüche meiner Kollegen waren, ich wurde zur Teflonpfanne und ließ alles an mir abprallen. Die Arbeitstage verliefen immer annähernd gleich, hinsetzen, Pfanne wechseln, Proben nehmen und gelegentlich mal den Verteiler tauschen. Aber ein Tag war anders, an dem passierte nämlich irgendwie alles gleichzeitig. Aufgrund eines kleinen Strahlenunfalls (upsi) mussten wir die Produktion kurz einstellen, das bedeutete mindestens vier Stunden nichts tun. Diesen halben Tag verbrachten wir mit Flucht vor weiteren Arbeitsaufträgen wie putzen oder kehren. Allerdings bekamen wir keine zehn Minuten später die Retourkutsche, denn als wir zurückkamen von unserer Reise, erwartete uns ein brennender Pfannenturm. Es tut nichts zur Sache was das ist, die einzig wichtige Info ist: Er sollte möglichst nicht brennen. Wir also rauf mit unseren Feuerlöschern, es zischte und rauchte, gerade noch konnten wir einen vollständigen Kabelbrand verhindern. Nach einer Stunde, die ganze Mannschaft fix und fertig, kehrten wir in den Pausenraum zurück, das Feuer war gelöscht und der Schaden repariert. “Wenn heit no wos is, kündig i”, rief ein Kollege in unsere Richtung. Da war ich ganz bei ihm. “Burschen, schauts amoi außa.” Wir liefen zurück in die Halle und sahen, was die Kollegin so aufbrauste: ein sauberer Wasserschaden. Ein Rohr für die Kühlwasserversorgung war gebrochen. Und so verbrachten wir unsere letzten Stunden bis 22 Uhr mit nassen Klamotten irgendwo im Keller der Anlage mit Stirnlampen am Kopf. Ich glaube, ich muss nicht beschreiben, wie wir nach diesem Fiasko aussahen. Moral von dieser Geschicht? Vergiss die Arbeitsumstände bei der Jobwahl nicht.
© gehviky 2025-01-09