by everyang
Am zweiten Tag meines Urlaubs ging ich dem Meeresstrand entlang zum entfernten Steg. Kurz davor kam mir ein kleiner Terrier entgegen. Der hatte eine Sandalette im Maul, lief an mir vorbei, zielstrebend weiter – ein schlaues Hundchen. Immer wieder schaute ich zurĂĽck – das Tierchen ging fleiĂźig mit der Sandalette weiter.
Nach dem Steg entschloss ich mich nicht dem Strand entlang, sondern zur Abkürzung quer durch die Halbinsel, dem kleinen Pfad entlang zu gehen. Es war ein wildes, menschenleeres Gelände mit ausgetrockneten Gebüschen. Der Pfad brach ab, ich stand an einer pflanzenlosen, trockenen Niederung. Die Erdoberfläche war durch Trockenheit geplatzt, schien passierbar zu sein. Ohne jeglichen Verdacht stieg ich hinunter. Und beim ersten Schritt kam es – ich steckte bis in den Knien im schwarzen Sumpf. Paar Meter vor mir erhob sich ein Stein, den ich vorsichtig erreichte und hochkletterte. Weiter schien der Weg besser zu sein. Ich wagte mich mit einem Bein aufs Gelände weiter. Buch! Ich versank zuerst mit einem, dann gleich mit dem zweiten Bein bis auf den Bauch im Sumpf. Jetzt steckte ich voll im Moor. Ich habe Boden verloren, meine Sandaletten machten sich selbständig. Weit und breit kein Mensch und ich sank langsam weiter. Doch keine Panik, es geht zurück! Mit beiden Händen zog ich sehr langsam das rechte Bein so hoch wie es ging, gleichzeitig auf dem Bauch halb liegend, den Körper drehend, versuchte ich zum Stein zurück. Es dauerte. Letztlich erreichte ich glücklich das Festland wieder.
Ich ging zum Meer, den schwarzen Dreck vom Körper, Kleidung, Rucksack abzuwaschen. Den Inhalt des Rucksacks, darunter mein Fotoapparat legte am Ufer ab. Das Meer war flach, so musste ich weiter hinein. Menschenleer war der Strand, keine einzige Seele zugeschaut. Doch es kamen zweit Frauen mit ihren Männern mittleren Alters vorbei. Mich, weit vom Ufer, sahen sie nicht. Sie blieben an meinen Sachen stehen: „Hat jemand vergessen“, kurz danach: „Wäre der blöde Hund hier, hätte er auch den Fotoapparat weg geklaut. Meinen neuen Schuh hat er ja schon gestohlen“. Kränkend sprach der Mann weiter: „Dabei haben wir ihn bedauert, unser Fleisch gegeben. Und als er satt war, schnappte er sich den Schuh und haute mit der Trophäe ab“.Ab jetzt erinnerte ich mich wieder an den mir sympathischen Hund.
Am Rückweg ging ich am Strand an einem einsamen Strandhäuschen vorbei. Aus dem Haus härte man ein fröhliches Bellen eines kleinen Hundes. Ich glaube, es war der Sandalettendieb, der von seinem Herrchen eine Belohnung für seine gute Tat verlangte und vielleicht auch gekriegt hat.
Weiter zum Hotel machte ich einen Halt in der einsamen Strandbar, dort bestellte ich ein Eis. Die junge Frau fragte mich noch mal nach meinem Wunsch, ich antwortete wieder auf Deutsch „Eis“. Nach einer längeren Pause bekam ich einen Plastikbecher voll mit EiswĂĽrfeln. Da musste ich in Englisch korrigieren – „Icecream“. So ist der Tag doch gut ausgegangen.
© everyang 2021-03-29