Kaffeeduft zieht durch die kleine, gemütliche Küche. Eine neue Sorte mit einem Hauch Ceylonzimt und eine Kanne mit Mango-Ingwer Tee steht bereits auf dem liebevoll gedeckten Esstisch. Große, dunkelrote Filzäpfel als Tischsets zieren den Tisch und herbstliche Servietten liegen dabei. Eine Pfirsich-Honigduftkerze flackert auf der Kommode.
Der Himmel ist wolkenverhangen und man spürt die nahende Dämmerung. Sie richtet einen Teller mit selbst gebackenen Haferflocken Kekse. Der Schein des Feuers erhellt den heimeligen Sitzplatz im angrenzenden Wohnzimmer. Es gibt keine Tür dazwischen, nur einen offenen Durchgang.
Ihre Augen strahlen und ihr Herz schlägt ganz wild durcheinander. Heute kommt er das erste Mal auf Besuch zu ihr. Sie kennen sich schon länger, aber eher flüchtig. Sie waren sich auf Anhieb sympathisch, doch mehr ist bisher nicht passiert. Sie weiß, dass er geschieden ist und dass er im Gesundheitswesen tätig ist. Aber irgendetwas Intimeres ist ihr nicht bekannt. Einige Male konnte sie ihn bei der Arbeit beobachten und er ist gefühlvoll und er redet sehr lebhaft und gestikuliert stark mit seinen Händen. Er legt großen Wert auf sein Äußeres und er achtet auf seine Linie.
Sie trägt ihr braunes, kuschelweiches Strickkleid und kleine Karneole in Kürbisform baumeln an ihren Ohren. Ihr halblanges Haar ist frisch gewaschen und sie ist total nervös. Wird er überhaupt kommen? Ist er pünktlich?
Make-up benutzt sie nie und auch heute nicht, nur die Lippen leuchten in einem zarten Korallenton. Noch einen Blick in den Spiegel und das Deo unter den Achseln erneuert. Sie hat ordentlich untergeheizt und die Aufregung und Vorfreude lassen sie ins Schwitzen geraten. Noch einmal auf die Toilette und was sagt die Uhr? Zehn Minuten noch. Schnell ein Pfefferminzzuckerl, damit der Atem gut riecht.
Die Glocke an der Wohnungstür schlägt an. Sie atmet durch und öffnet. Lächelnd umarmt er sie: “Wow, bei dir duftet es und es ist so warm und du siehst einfach bezaubernd aus.”
Sie geht vor ihm her und man hört nur mehr: oh, wie schön und so behaglich! Er zieht sein Jackett aus und hängt es über die Stuhllehne.
“Tee oder Kaffee?”
“Kaffee bitte.”
Er setzt sich auf die Bank und bestaunt die Deko und sie schenkt ihm ein. Das Aroma vermischt sich mit ihrer Nervosität und er liebt diese Komposition. Sie nimmt sich Tee und er rückt ein wenig näher zu ihr. Ziemlich nahe sogar.
“Der Kaffee schmeckt ja köstlich!”
Er muss sich einbremsen, wenn er aufgeregt ist, dann redet er zu viel.
So schweigen sie und genießen ihre Zweisamkeit und seine Hand wandert langsam zu ihrer und die Finger finden sich und berühren sich. Zärtliche Annäherung.
© Gabriele Leeb 2024-10-01