Lehrer sind auch nur Menschen

Annemarie Hülber

by Annemarie Hülber

Story

Gut die Hälfte der Ferien ist vorbei. Im September werden wieder tausende Taferlklassler zum ersten Mal ihre Schultasche schultern und für mindestens 9 Jahre ihre Schulkarriere beginnen. Ob es gute Jahre sein werden? Ob sie auf Menschen treffen werden, die es verstehen sie zu begeistern, sie mitzunehmen und ihr Interesse zu wecken? Werden sie nur lernen oder auch begreifen? Eine große Aufgabe für die Lehrer und Lehrerinnen, denen meine Bewunderung gilt.

Wenn ich überlege, bin ich überwiegend gerne in die Schule gegangen. Das lag vor allem an den Lehrkräften. Und die waren durchaus unterschiedlich.

Die Volksschullehrerin habe ich geliebt. Nicht nur ich, die ganze Klasse (wir waren über 30 Kinder). In der Hauptschule war es schon durchwachsener. Der Fachlehrer für Mathematik war ein Choleriker, konnte Angst verbreiten. Von ihm gab’s Kopfnüsse, um das Denkvermögen anzuregen, und ich meine damit keine kniffligen Denksportaufgaben. Die Frau Fachlehrerin für Deutsch und Musik hat den Schwerpunkt mehr auf Musik gelegt. Wer gut singen konnte, hatte es definitiv leichter. Der Fachlehrer für Geographie und Physik konnte vieles anschaulich, praktisch erklären und mit Versuchen untermauern. Er ist seinen Schülern auf Augenhöhe begegnet und hat sie angeregt, Dinge zu hinterfragen. Das war in der 70er-Jahren eher ungewöhnlich. Und die Fachlehrerin für Englisch und Geschichte war eine Respektsperson. Streng aber gerecht. Man hat viel bei ihr gelernt. Wenn sie über die Punischen Kriege und Hannibal erzählte, konnte man eine Stecknadel fallen hören.

In der HAK ging es ähnlich weiter. Da gab es Lehrkräfte, die unheimlich gescheit waren, ihr Wissen aber nicht verständlich vermitteln konnten. Manche lasen den Stoff einfach mit monotoner Stimme vor, andere bemühten sich erfolgreich, trockenes betriebswirtschaftliches Wissen interessant zu vermitteln oder uns für Kunst, Theater und gute Umgangsformen zu begeistern. Es waren, mit wenigen Ausnahmen, tolle Lehrer und Lehrerinnen.

Und dann war da noch der ‘Pauli’. Dkfm. Professor Paul W. Buchhaltung, kaufmännisches Rechnen und Datenverarbeitung. Immer ruhig, immer geduldig, aber auch streng und immer gerecht. In der Praxis ist das so, hat er immer gesagt. Im späteren Berufsleben habe ich vieles auch wirklich gebraucht. Erwähnen möchte ich den Kettensatz, eine Art erweiterte Schlussrechnung (Dreisatz). Einfach und genial, auch für Anti-Mathematiker wie mich verständlich. Ich traf später auf keinen einzigen Arbeitskollegen, der den Kettensatz kannte. Aber alle waren von meinen Rechenkünsten begeistert.

Unlängst war ich mit Schulfreunden beim Heurigen. Und da saß er. Alt geworden, weißhaarig und mit den gleichen blitzenden, lebhaften und klugen Augen, wie vor 40 Jahren. Gefreut hat er sich, dass ihn seine Schüler von damals noch kennen. Und wir haben uns gefreut, dass er noch so rüstig und gesund ist. Solche Lehrer wünsche ich allen, die die Schulbank drücken.

© Annemarie Hülber 2022-08-11

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