by EmberGlaze
Was tut man, wenn man kein Geld hat? Vielleicht Sachen, die man sonst nicht machen würde. Also, ich meine jetzt nicht eine Bank ausräumen oder einen Juwelier, was vielleicht auch eine Idee wäre. Aber die Folgen, die kommen könnten, wären mir einfach zu anstrengend. Ich habe mal versucht, bei einem Anwalt herauszubekommen, was ich mir mit meiner Vergangenheit leisten könnte und was ich an mildernden Umständen bekommen könnte. Es lohnt sich einfach nicht.
Eigentlich spielte ich kein Lotto. Aber mein Konto war so leer und im Jackpot waren 103 Millionen drin, sodass es mich zum Spielen verführte. Ganz ehrlich, viel zu viel Geld für mich alleine, aber na ja, gut, so war es halt.
Seien wir doch mal ehrlich, die Zeit zwischen Schein ausfüllen, abgeben und der Lottoziehung hat was. Man verliert sich komplett in Träumen, was man machen würde, wenn man gewinnt. Ich gab mein letztes Geld im Geldbeutel aus. Ich wusste, total bescheuert, aber diese Hoffnung auf schnelles Geld war es mir einfach wert. So vergingen die Tage bis zur Ziehung, in denen ich vor mich hinträumte.
Als die Zahlen draußen waren, machte ich mich auf den Weg in mein Lieblingskaffee, um dort meine Zahlen mit den in der Zeitung stehenden Zahlen zu vergleichen. Ich wollte es zelebrieren und genießen. Ich bestellte ein Kaffee, setzte mich an die Bar, nahm mir die Zeitung und schlug sie auf. Kirstin, die Bedienung, stellte mir den Kaffee auf die Zeitung, grinste mich an: „Na, hast du gewonnen?“ „Ich hab doch noch nicht geschaut“, sage ich und lachte sie an. Ich schlage die Zeitung auf, langte in meine Tasche und holte die Zettel raus, legte sie auf die Zeitung und fing an zu vergleichen. 1 stimmt, 2 stimmt, 3 stimmt, 4, 5, 6 und Zusatzzahl stimmten. Mein Atem ging schneller und meine Gedanken fingen an verrücktzuspielen. Ich überprüfte nochmal und alle Zahlen waren richtig. Ich schaute mich im Laden um. Man kann es fast nicht beschreiben, was im Körper passierte, wenn man denkt das man im Lotto gewonnen hat. Es wird einem heiß und kalt. Man kann gar nicht mehr denken. Die Stimmen und sonstiger Lärm rückten in den Hintergrund. Es schienen Minuten zu vergehen, in denen ich wie gebannt auf die Zeitung starre, mein dampfender Kaffee stand neben mir. Mein Gehirn begann langsam, wieder zuarbeiten, und ich registrierte, dass da auf der Zeitung zwei Zettel lagen.
Langsam wurde mir bewusst, dass ich in meiner Aufregung den Lottoschein mit dem Beleg, den man beim Bezahlen bekommt, verglichen hatte und nicht mit den Zahlen in der Zeitung. Es war, wie wenn einer mit der Nadel in eine Seifenblase stupste. Die Zeitlupe war vorbei, der Lärmpegel wieder ganz präsent und die Enttäuschung macht sich breit. Keine Zahl war richtig.
Aber dann siegt der Humor und ich fing an zu lachen. Ich warf meinen Kopf in den Nacken und lachte laut los. Kirsten schaute mich von der Theke fragend an und ich erzählte ihr kurz von dem Gefühl, wie es ist, wenn man denkt, man hatte im Lotto gewonnen. Sie grinst. „Der Kaffee geht aufs Haus.“
© EmberGlaze 2023-01-13