Meine ersten Jahre

Vanessa Görög

by Vanessa Görög

Story

Geboren im tristen, nebelverhangenen November 1991, war ich vom ersten Moment für meine Mutter der Sonnenschein. Sie meinte, ich sah meinen zwei Schwestern sehr ähnlich. Was sie gleichzeitig freudig und traurig stimmte, denn sie sind ein paar Jahre zuvor kurz nach der Geburt verstorben. Zu meiner kleinen Familie gehören außerdem mein großer Bruder, unsere Hündin Kessy und unsere Tante. Meinen Vater kannte ich nicht und wusste auch erst sehr spät, wer er überhaupt war. Aufgewachsen bin ich im beschaulichen Laim in München. Meine Mutter hat als Tagesmutter auf mich und vier weitere Kinder aus der Nachbarschaft aufgepasst, bis ich mit drei Jahren in den Kindergarten eingewöhnt wurde. An meine Kindergartenzeit kann ich mich nur noch wage erinnern. Außer dass ich, eine meiner damaligen Erzieherinnen überhaupt nicht mochte. Lag wohl daran, dass sie mir meinen Lieblings-Labello wegnahm. Wir waren als Familie viel unterwegs, auf Spielplätzen in der Umgebung, im Westpark oder außerhalb von München an Seen zum Schwimmen. Mit dabei war natürlich Kessy, sie war unsere treue Seele, immer da, egal ob wir glücklich oder traurig waren.  Der Freund meiner Mutter und sein Sohn waren auch öfters auf Ausflügen mit dabei. Meistens ärgerte er mich und meinen Bruder. Sie waren lang zusammen, soweit ich mich zurückerinnern kann. Zusammengewohnt haben wir nie, dennoch waren wir eine Patchwork-Familie. Als ich sechs Jahre alt geworden bin, haben wir bereits in einer neuen Wohnung im Westend gewohnt. Die ersten Jahre haben mein Bruder und ich uns ein Zimmer geteilt. Meine Teddys und andere Kuscheltiere hatten auch immer einen festen Platz in meinem Bett. Die Nachbarschaft war von vielen verschiedenen Nationalitäten geprägt und die ersten Freundschaften knüpfte ich in meinem neuen Kindergarten in der Bären-Gruppe. Mit meinen Freundinnen spielte ich viel auf dem Spielplatz in unserem Wohnblock. Meine Mutter verstand sich mit deren Müttern so gut, dass wir uns regelmäßig zu Hause besuchten. Es entstand eine kleine Gruppe alleinerziehender Mütter und ihren Kindern. Es gab immer gutes Essen, vor allem das türkische Essen schmeckte mir besonders gut. Sie trennte sich von ihrem Freund, als wir ein gutes Jahr dort wohnten und ich kann mich noch daran erinnern, wie meine Mama begann zu weinen. Sie entdeckte ihn mit einer anderen Frau an der U-Bahn-Station, sie küssten sich. Ich verstand in meinen jungen Jahren noch nichts von der Liebe. Was ich aber sagen kann, es war nicht der letzte Mann, den ich leider kennenlernen musste.


© Vanessa Görög 2024-03-11

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Biographies