by Heinrich
Der Besuch der Tropfsteinhöhle sei allen empfohlen, die sich auf solche Dinge gerne vorbereiten. Also bezüglich Kleidung, Schuhwerk, et cetera. Eher weniger ist sie für Spontanabenteurer wie mich, mit Ruderleiberl und Flipflops geeignet. Schier unglaublich, was man dort zu sehen bekommt. Die Zeit heilt nicht nur alle Wunden, sondern zeigt hier, dass sie auch Stalaktiten und Stalagmiten hervorbringen kann. Die Titen hängen von oben und die Miten ragen von unten empor. Kennt man ja.
Zuerst kriegt man vom Guide eine Unterweisung und wird darauf vorbereitet, dass es vom Sauerstoff her ohnehin nicht rosig aussieht da unten und durch den Mund-/Nasenschutz wird das wohl nicht besser.
Ha, denk ich mir! Da werden die ersten Tattergreise gleich einmal wegbrechen! Das hat aber dann doch bis zur zweiten Kurve gedauert. Egal. Bis dahin hatte auch ich schon praktisch kein Gefühl mehr in meinen Fingern.
Extremitäten frieren ja grundsätzlich gerne zuerst ab. Dort unten hat es bloß 12 Grad und im Tanktop mit Hotpants ist die grazile Badenixe vor mir die erste gewesen, die nach einem Mäntelchen verlangt hat. Ich hielt durch.
Die Wanderung dauert hier eine knappe dreiviertel Stunde und ich wollte sicher nicht gleich der zweite sein, der zu raunzen beginnt. Bald kamen wir an der ersten Wand vorbei, die mit Bildern von großen Künstlern aufwartete. Die konnten nur die Körpergröße gemeint haben, weil so wie die Tiere gemalt hatten, konnten die niemals wirklich ausgesehen haben. Das Mammut hatte Dackelbeine und die Pferde so kleine Köpfe, die haben mich mehr an eine Spitzmaus erinnert.
Gut, auch in Ordnung, weil das war ja vor zigtausenden von Jahren. Da konnten die sich für die Höhlenmalerei nicht einfach einen Michelangelo rufen. Die mussten halt nehmen, wen sie kriegten!
Dann kamen wir zu den Händen. Also keine richtigen, sondern Abdrücke. Vielmehr Negativabdrücke. Kein wesentlicher Punkt – also in den Augen des Guides schon – aber nicht wirklich.
In der Höhle der Scheiben spürte ich, wie sich der fehlende Sauerstoff auf meinen Körper auswirkte. Ich wankte, fiel aber nicht um, wie einige Herrschaften vor mir. Gut, das ist auch geradezu verantwortungslos, die dort auch noch mit Maske durchzuschleifen. Aber die Grotte muss ja auch erhalten werden und wenn ein paar hier unten verenden, kannst du sie in ein paar Jahren als die früheren Höhlenmenschen präsentieren. Da kostet dann der Eintritt gleich noch ein paar Euros mehr.
Zu guter Letzt und bereits Doppelbilder sehend, kamen wir zum finalen Abschnitt und dem berühmten Bild der zwei Pferde. Ob das derselbe Künstler war, kann nur gemutmaßt werden, die Franzosen gehen aber davon aus. Hier haben die Pferde zumindest wie welche ausgesehen. Er hat also in den Jahren, in denen er sich mühsam Richtung Ausgang gegraben hatte, auch künstlerisch dazugelernt. Chapeau.
Jetzt noch die Stufen hinauf und direkt in den Shop, damit du den Kindern auch noch ein paar Mammuts kaufen kannst. Se fini et orewoar.
© Heinrich 2020-07-26