Villa Paradiso

Beate García

by Beate García

Story

Durch das lichtarme Stiegenhaus des 70-er Jahre Baus steigen wir in den zweiten Stock des Gästehauses hoch. Gemälde aller Stilepochen zieren die vergilbten Wände, ob sie sie schmücken, weiß ich nicht. Allerhand Tand findet sich auf den beiden antiken Holzkommoden, die am Gang entlang zu Zimmer Nummer 7 stehen.

Vielversprechend wirkt das ja nicht gerade. Was erwarten wir auch? Mehr als kurzfristig haben wir die Unterkunft am Tag unserer Abreise aus Turin gefunden. Der Name der Villa an der ligurischen Küste klang paradiesisch. Der Preis pro Nacht noch viel besser und die Tatsache, dass wir inmitten der italienischen Hochsaison rund um ferragosto überhaupt noch eine Nächtigungsmöglichkeit ergattern konnten, kommt einem Wunder gleich.

Ich stecke den klassischen Schlüssel mit dem schweren Holzbommel dran ins Türschloss. Vorsichtig öffne ich die Türe, die uns in ein abgedunkeltes Zimmer Einlass gibt. Die Möbel hier drin entsprechen dem restlichen Stil. Ein altes Ehebett mit geblümtem Überwurf, ein Kleiderschrank mit erblindendem Spiegel und zwei Nachkästchen mit je einem Lämpchen darauf. Gegenüber der Türe befindet sich ein großes Fenster, die Jalousien sind heruntergelassen, um die Mittagshitze fernzuhalten, schätze ich. Nach einer kurzen Rast im kühlen Zimmer knurren unsere hungrigen Mägen und verlangen nach einem anständigen pranzo italiano.

Meine Neugier verlangt noch einen Blick aus unserem Fenster. Mit beiden Händen ziehe ich den beigen Gurt, der die Jalousie bedient, nach unten. Mit einem Ratsch nach oben eröffnet sich ein spektakulärer Ausblick, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Ungläubig starren wir auf das eben zum Leben erwachte großartige naturgemachte Werk vor uns. Tiefblau-grüner Ozean begrenzt von einem azurblauen Mittelmeerhimmel verwandeln das Fenster zum Gemälde. Die Villa Paradiso – nomen est omen – wurde erbaut auf einem der steilen Hänge in den italienischen Seealpen. Durch die beachtliche Höhe über dem Meeresspiegel ergibt sich dieser paradiesische Ausblick, den wir eben erleben dürfen – ein Anblick, der sich einem so, normalerweise nur auf hoher See geboten wird.

Während eine südländische Schönheit uns ein hausgemacht köstliches Pranzo serviert, können wir uns an dem in Terrassen angelegten Garten nicht sattsehen. Ein kleiner Pool mit Blick aufs Meer auf unterer Ebene. Umgeben von leuchtend rosa Bougainvillea Sträuchern in vollster Blüte, im schattenspendenden Schutz der Palmen, speisen wir in aller Stille und vollster Bewunderung für diese Umgebung. Ein zarter Duft nach frischem Rosmarin, würzigem Thymian, eine leichte Meeresbrise und rosso aus dem Piemont benebeln unsere Sinne. Strahlend weiße Möwen ziehen ihre Kreise hoch über unseren Köpfen, leichtgleitend in der wärmenden Sommerluft. Magisch zieht uns dieser zauberhafte Ort hinein in sonnenverwöhntes Gefilde mediterraner Welt. “Dolce far niente” flüstert es leise am Geburtsort eines Lebensstils.

© Beate García 2021-04-08

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