David ist unendlich froh, dass die Frau neben ihm, Iris, es sogar noch mehr verbockt hat als er. Er wusste schon, dass sein Fahrrad nicht das neueste ist, dass er es quasi nicht mehr benutzen kann, das war ihm nicht klar. Der Fahrradguide vorne im Auto scheint auf den ersten Blick ein lockerer Typ zu sein, aber wenn es um Fahrräder geht, versteht er offensichtlich keinen Spaß.
Sie fahren schweigend ins Dorf und Steven dreht die Musik an seiner Anlage je nach Lied lauter oder leiser. Iris betrachtet die Landschaft draußen, als hätte man ihr befohlen, sie sich sehr genau einzuprägen, um sie nachher zu malen oder so und David denkt, dass sie sich wohl sehr unwohl fühlen muss.
„Also, ihr braucht noch ein Rad, ja? Wie groß bist du?“, fragt der Kerl im Laden an David gewandt.
„1,80?“, fragt David zurück.
„Ich weiß es nicht, Alter“, der andere lacht und klatscht ihm auf die Schulter. „Pass auf, ich habe hier ein Fahrrad, das lässt sich einfach fahren und ist auch relativ einfach verbaut. Dadurch hast du aber auch wenig Verschleiß. Ich denke mal, große Tricks willst du eh nicht fahren, oder?“ Er sieht skeptisch auf Davids kleinen Schokoladenbauch. David ist nur ein bisschen beleidigt. Als er sich auf den Sattel setzten will, kommt er ins Kippen, seine Füße haben keinen Bodenkontakt mehr, wenn er oben sitzt. „Man müsste den Sattel noch ein bisschen runterstellen“, meint er fachmännisch, aber der andere schüttelt nur den Kopf. „Hat schon die perfekte Größe für dich.“ David bleibt skeptisch, er hat es eigentlich gerne, wenn er mit den Füßen noch auf den Boden kommt, nur für alle Fälle, aber gegen diesen Experten hier kommt er nicht an.
„Was willst du mit deinem Rad machen?“, fragt ihn Steven.
Na gut, was soll’s. Will er nicht sowieso lernen, sich von Dingen zu trennen? Kann er gleich hier anfangen.
Auch für Iris ist schnell ein Rad gefunden und sie verlassen mit etwas leichteren Geldbeuteln den Laden. Dass es quasi genauso teuer sein würde ein Fahrrad zu leihen, wie eines zu kaufen, damit hatte David nicht gerechnet.
Und so kann es jetzt endlich losgehen. Die erste Tagesetappe hat direkt einen ziemlichen Anstieg zu bieten und David ist außer Atem, als er endlich oben ankommt. Seine Beine streiken und er ist so wackelig auf den Beinen, als hätte er die letzten Stunden auf einem Boot und nicht auf einem Fahrrad verbracht. Er ist mehr als froh, als er erfährt, dass es den restlichen Tag flach bleibt, beziehungsweise bergab geht. Allerdings wird er den Eindruck nicht los, dass es hart werden könnte in den nächsten Tagen. Scheinbar werden sie jeden Tag einen Berg hochfahren, um ihn danach wieder herunterzufahren, um das dann am nächsten Tag zu wiederholen. Oben bleiben ist hier wie in Stuttgart scheinbar keine Möglichkeit.
© Laura Schäffner 2024-03-08