Wer bin ich

Elena Bandl

by Elena Bandl

Story

Ich bin so gut darin, mich Menschen anzupassen, dass ich gar nicht mehr weiß, wer ich wirklich bin.

Von Kind auf wird man geformt, hinzugefügt, weggenommen. Eltern, Geschwister, Bekannte, Verwandte, Freunde. Jung und Alt, die den Charakter prägen. Sollte man meinen.

Ein Puzzlestück, das nirgendwo hinzugehören scheint, weil es eigentlich ein eigenes Kunstwerk ist. Es steht für sich, bildet aus weiteren Puzzlestücken ein neues großes Ganzes. Manche Menschen kommen vorbei, legen Teile an die richtige Stelle. Andere stehlen, weil sie neidisch sind, vom Schein geblendet und den Farben entzückt sind. Es bietet Angriffsfläche und gibt Verletzlichkeit einen Grund. Manchmal sind die Teile im Chaos, das Bild ist nicht zu erkennen und Einzelstücke sind falsch zusammengesetzt. Das fällt vielleicht nicht direkt auf, spätestens wenn das richtige Stück seinen Platz nicht findet und Verbindungen löst, die nicht sein sollen. Der Rand steht, ein Grundgerüst, dass Sicherheit gibt, aber gleichzeitig einen Rahmen der Möglichkeiten. Ich will doch frei sein, die Welt erkunden und nicht in meinem Zimmer feststecken. Tagein, tagaus das Gleiche, die Komfortzone nicht verlassen, damit es nicht unangenehm wird. Aber obwohl dann ein Loch im Fragment entsteht, kommen neue Teile, neue Menschen dazu, die den Horizont und damit das Bild erweitern.

Aber worauf arbeite ich eigentlich hin, wenn ich gar nicht weiß, wie das Endresultat aussehen soll? Ich habe keine Vorstellung von dem, wie mein Leben aussehen soll. Und andere noch weniger. Sie können Vorschläge miteinbringen, optimieren und mir mögliche Bilder malen, aber ich kann immer alles ändern, was nicht verhakt oder zusammengeklebt ist. Die Vergangenheit mag fest sein, aber das Hier und Jetzt, sowie die Zukunft sind ungenau und variabel. Angefangen bei meinem Frühstück am nächsten Morgen, zu Job und Familie. Ich sehe mich in so vielen Berufen, mit so vielen Menschen, dass ich gar nicht weiß, was ich wählen soll. Ich bin Teil von vielem und im selben Moment gehöre ich nirgendwo zu. Ein Satellit ohne Mission im All. Ich observiere, suche mir meinen Weg, meide Planeten, schwarze Löcher, aber stoße regelmäßig mit anderen Satelliten und Ufos zusammen, die sich genauso verirrt haben, wie ich. Ich trage Macken davon, werde in andere Richtungen geschubst, ohne es vielleicht direkt mitzubekommen. Ich ziehe Masken auf, um mich zu schützen, aber sie fallen immer wieder ab. Das bin nicht ich, die sich versteckt hinter einer Fassade. Ich bin allem schutzlos ausgesetzt und habe oft genug die Erfahrung gemacht, ausgenutzt zu werden für das, was ich bin. Anschließend in den Müll geworfen und nur mühsam allein wieder herausgefunden aus dem Dunkel. Ohne Hilfe. Warum sollte ich jemanden an mich heranlassen, wenn ich Schaden davontragen könnte? Nur kann ich nicht für immer versteckt bleiben, denn ich brauche die frische Luft, das Abenteuer genauso sehr wie andere.


© Elena Bandl 2023-08-12

Genres
Biographies
Moods
Emotional, Reflektierend